Landesregierung bei den Personalkosten bundesweit Spitze

Artikelserie Postenschieber Teil 3: Das Saarland setzt für politische Führung unter den Bundesländern mit Abstand das meiste Personal ein. Es gibt auch pro Einwohner am meisten für seine Staatsdiener aus.

Doppelt so viel Personal wie Rheinland-Pfalz
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC hat in ihrem „Länderfinanzbenchmarking 2016“ errechnet, dass Annegret Kramp-Karrenbauer und ihre Minister im Vergleich der Flächenländer für politische Führung und zentrale Verwaltung viel zu viel Geld ausgeben, rund 38 Millionen Euro mehr als der Durchschnitt der Bundesländer. Diese Überpersonalisierung entspricht 760 Planstellen. Mit 2,3 Planstellen pro tausend Einwohner setzt die Landesregierung auch mehr als doppelt so viele Landesbedienstete ein wie Rheinland-Pfalz und Niedersachsen und fast drei Mal so viel das bevölkerungsreichste Land Nordrhein-Westfalen.

Die höchsten Personalkosten pro Einwohner
Auch das Statistische Bundesamt sagt, dass das Saarland im Ländervergleich pro Kopf der Bevölkerung am meisten für seine politische Führung ausgibt. Das kleinste Flächenland macht hier den größten politischen Wasserkopf. Auffallend hierbei die hohen Ausgaben für Pensionäre und bei den Beihilfen. Nebenbei: Bei den Kommunen sind die Verhältnisse umgekehrt: Die saarländischen Städte und Gemeinden sind beim Personal die sparsamsten!

Einfach nur den Tarifvertrag anwenden
Eine Ursache der personellen Über-Versorgung hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung zugenommen: das massenhaften Einschleusen von politischen Mitarbeitern in den Staatsdienst und dies bei gleichzeitigem Stellenabbau, überwiegend auf Sachbearbeiterebene. Der Personalzustrom wäre einfach zu unterbinden: Die Landesregierung müsste nur den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) anzuwenden. Gemäß Paragraph 32 TVöD können Personalchefs und Personalräte alle Führungspositionen (und das sind in der Regel Stellen ab Entgeltgruppe 11 aufwärts) auf vier Jahre befristet besetzen. Hat sich der Beschäftigte auch nach einem Regierungswechsel bewährt, kann, sofern für seine Fähigkeiten überhaupt Bedarf besteht, sein Vertrag verlängert oder in einen unbefristeten umgewandelt werden.

Von erfolglosen Führungskräften trennen
„Die Tarifvertragsparteien wollten mit dieser Regelung ermöglichen, dass sich der Arbeitgeber von erfolglosen Führungskräften ohne besondere Kündigung und ohne Zahlung einer Abfindung trennen kann. Der Arbeitgeber braucht nicht einmal zu begründen, warum er den Arbeitsvertrag nicht verlängert“, schreibt der TVöD-Spezialist Haufe. Die Landesregierung kennt keine erfolglosen Führungskräfte und macht selten Zeitverträge. Fast alle Abteilungsleiter und ein Großteil der Referatsleiter fahren auf irgendeinem Partei-Ticket.

Der Griff in die Pensionskasse der Beamten
Ministerpräsidentin, Minister und auch die Abgeordneten machen überhaupt keine Anstalten, die Überpersonalisierung in der politischen Führung und den Ministerien abzubauen. Im Gegenteil: Sie suchen nach immer neuen Geldquellen und Finanznot macht erfinderisch: Für den Haushalt 2017 haben sie sogar die Versorgungsrücklage, gedacht für sichere Beamten-Pensionen, angezapft: 33, 8 Millionen Euro haben sie daraus abgezweigt, fast so viel wie das von PwC errechnete „Zuviel“ an Personalkosten.

Die alte Garde gilt als nicht loyal
Die neuen Minister legen auf die politische Personalerneuerung immer großen Wert, weil die alte Garde als potenziell illoyal gilt. Die Personalisierung zu Beginn der Legislaturperiode geht zügig vonstatten. Mitarbeiter mit politischer Mission arbeiten in einem engen persönlichen Vertrauensverhältnis, Stellenausschreibungen und zeitraubende Bewerbungsverfahren werden umgangen. Eingestellt wird quasi auf Zuruf. Die Parteisoldaten können einen einträglichen Sold erwarten. In der Regel erhalten sie ein Gehalt des höheren Dienstes, ab Besoldungsstufe A 13, wie ein Studienrat.

Sicherer Job bis ans Lebensende
Die Usancen sind mittlerweile so, dass sich enge Mitarbeiter des Ministers über kurz oder lang bei passender oder inszenierter Gelegenheit auf einen freien Abteilungs- oder Referatsleiterposten in einer Fachabteilung versetzen lassen, um die Stelle im Ministerbüro für Partei-Nachrücker freizumachen. Pro Legislaturperiode und Ministerium verbraucht die Personal-Schleuse so 20 Planstellen, im Durchschnitt. Und wenn ein Machtwechsel von einer auf drei Parteien organisiert werden muss, wie 2009 von der CDU-Alleinregierung zur Jamaika-Koalition, ist der Personalaufwand entsprechend: Das Jamaika-Kabinett hatte in drei Jahren mehr als 200 Stellen neu geschaffen, netto. Gleichzeitig kündigte sie damals für die Öffentlichkeit den unumgänglichen Stellenabbau in der Landesverwaltung an.

Versorgung für die treuen Helfer im Wahlkreis
Bei der CDU sorgten lange Jahre Karl Rauber, Chef der Staatskanzlei („de Karl“) für zahlreiche Partei-Karrieren im St. Wendeler Land, auch Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Müller. Heute managen die Minister die Parteikarrieren. Die SPD, nach langem Darben erst seit der Großen Koalition 2012 wieder an den Fleischtöpfen, hat besonders großen Hunger beim Verkonsumieren von Planstellen und holt auf. Anke Rehlinger schöpft aus den Parteireserven im Hochwald. Jost ruft Parteigänger vorzugsweise von der unteren Saar zu den Fahnen, Kultusminister Ulrich Commerçon bedient den Parteiraum Saarbrücken und auch schon mal die Begehrlichkeiten der Genossen im Saarpfalz-Kreis. Ein Ergebnis dieser parteiübergreifenden Praxis: Das Land beschäftigt zu viel Personal.