Im Schleusersystem auf einen Job im Ministerium

Serie Postenschieber Teil II:  Versorgung von Parteigängern in den saarländischen Ministerien ist nichts Neues. Erschreckend ist das Ausmaß: Nach Landtagswahlen schleusen die Sieger-Parteien regelmäßig an die 150 Gleichgesinnte auf einen lukrativen Job im Staatsdienst. Das wird auch ab diesem März so sein.

Das System funktioniert so: Verdiente Parteisoldaten landen zunächst in der politischen Kommandozentrale „Amt des Ministers.“  Meist ohne Ausschreibung. Später bekommen sie einen Job in der Verwaltung. Meist mit überdurchschnittlichem Gehalt, lebenslang und unkündbar. Dieses Schleusersystem kostet den saarländischen Steuerzahler pro Regierungswechsel bis zu zehn Millionen Euro. Jährlich.

Gedränge um Posten und Penunzen
Die Personalchefs der Ministerien machen jetzt, acht Wochen vor der Landtagswahl, mächtig Betrieb. Die Stimmung im Personal ist aufgekratzt. Je näher die Wahl rückt, desto lauter und ungeduldiger wird das Gedränge in der Belegschaft um Posten und Penunzen. Die einen wollen sich rechtzeitig die wegen ihrer dienstlichen oder parteilichen Meriten erhoffte oder in Aussicht gestellte Beförderung sichern. Andere sollen schon mal als Abteilungs- und Referatsleiter parteistrategische Positionen besetzen. Für alle Fälle.

Platz und Planstellen müssen her
Jetzt müssen Platz und Planstellen her für die kommende politische Mannschaft: Büroleiter, persönliche Referenten, Marketing-Chefs und Pressesprecher, Referenten für Kabinetts-, Landtags-, Bundestags- und Europaangelegenheiten, Referenten für die politische Planung, Abteilungsleiter, insbesondere für Haushalt und Personal, und Leiter von weiteren Schlüsselreferaten. Hinzu kommen persönliche Fahrer, Sekretärinnen, Hilfskräfte. Es sind Leute mit Stallgeruch, die in den Dunstkreis der Macht aufsteigen, verdiente Gefolgsleute aus den Kreisverbänden, selten politische Talente, manchmal Experten mit Wissen und Können, aber auch Freunde und Bekannte und Bekannte von Freunden und Freunde von Freunden.

„Ehrenamtliche“ in den Häuserkampf
CDU und SPD verlieren seit Jahren Mitglieder, der Spendenfluss ist rückläufig, die Wähler laufen weg. Und die Wahlkämpfe werden immer amerikanischer und teurer.  Fürs althergebrachte Plakate kleben und Stände betreuen, aber auch für modernes Twitter-Getrommel, Facebook-Kettenbriefe und „Häuserkampf“ (Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer) werden in den kommenden zwei Monaten zahlreiche Einzelkämpfer an die Front geschickt. Dafür machen die Parteistrategen die „Ehrenamtlichen“ mobil.

Parteistrategen und Personalchefs
Rackern für die Partei rechnet sich für die Aktivisten. Bei einem Regierungswechsel können viele auf einen Job im Ministerium hoffen. Zufall oder nicht – die Personalchefs der Ministerien sind dieselben, die in den Partei-Hierarchien das Sagen haben. Es ist davon auszugehen, dass mit den Regierungswechseln in den letzten 30 Jahren an die 1.000 Bewerber mit Parteibuch zwischen den Wahlen im Staatsdienst versorgt wurden. Dort sitzen sie lebenslang auf ihrer Planstelle, unkündbar und meist in höheren Gehalts- und Besoldungsgruppen. Auf der Basis eines Durchschnitts-Salärs von 50.000 Euro im Jahr lässt sich so die Parteien induzierte Personallast für die letzten drei Jahrzehnte aufaddiert ziemlich genau auf jährlich 50 Millionen Euro abschätzen.

Job-Motor im Fünfjahrestakt
Nach dem 26. März werden die Parteien dem Steuerzahler weitere Millionen aufbürden. Und in spätestens fünf Jahren, bei der nächsten Wahl, wenn neue Petenten auf der Matte stehen, wiederholt sich der Schleusenzyklus. So funktioniert jeder Ministerwechsel als Job-Motor für Parteigänger. Die Personalräte spielen mit. Einmal „im Amt“, steht der Blitzkarriere nichts mehr im Weg. Während ein normaler Laufbahnbeamter etwa zehn Jahre auf eine Beförderung eine Stufe höher warten muss, überspringen viele Parteisoldaten mehrere Besoldungsgruppen in wenigen Jahren.

Eine Art indirekter Parteienfinanzierung
Dass sich die großen Parteien immer ungenierter am Öffentlichen Dienst zur Förderung und Forderung ihrer Mandatsträger und Funktionäre bedienen, hat einen Hintergrund: Die Wertschöpfung durch Partei-Jobs ist zu einer Art indirekten Parteienfinanzierung geworden. Ihr geldwerter Vorteil dürfte um ein Vielfaches größer sein als all die Mitgliedsbeiträge, Wahlkampfkostenerstattungen vom Staat und Spenden. Der Nachteil für die kleinen Oppositionsparteien ist enorm. Die Linke, die FDP und die Grünen im Saarland müssen zurzeit diese Art von Mitgliedermotivation noch aus der eigenen Parteikasse finanzieren.

 

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