Energie immer teurer – Wann wird Klimaschutz unsozial?

Eine große Mehrheit der Deutschen ist für Klimaschutz. Unter der Bedingung, dass der Umbau zur nachhaltigen Wirtschaft sozialverträglich organisiert wird. Damit haben Bund und Länder in ihrer Energiewende-Politik offensichtlich große Schwierigkeiten.

Die Verbraucher müssen immer mehr von ihrem Einkommen für Energie aufwenden. Ursachen sind steigende Preise auf dem Weltmarkt, Verknappung der Vorräte und Kosten für den Klimaschutz. Deutschland hat die höchsten Strompreise in Europa, auch wegen Klimaschutz-Kosten. In Saarbrücken hat Energie SaarLorLux die Fernwärmepreise um 13,6 Prozent erhöht. Weitere Preissteigerungen drohen im nächsten Jahr, wenn das als Klimaschutz-Leuchtturm gefeierte neue Gasmotoren-Kraftwerk ans Netz geht. Die Verbraucher murren.

Bei der ganzen Diskussion darüber, wie hoch die Energie-Belastung der Bürger getrieben werden kann, gerät der Teil der Bevölkerung in den Blickpunkt, der nicht gerade auf Rosen gebettet, arm oder von Armut bedroht ist. Das ist jeder fünfte Saarländer. Im Regionalverband Saarbrücken leben laut Bertelsmann Stiftung sogar 28,6 Prozent der Kinder in Hartz-IV-Familien.

Unrealistische Hartz IV-Berechnung für Strom

Die Bundesregierung hat zum 1. Januar 2022 den Hartz-IV-Regelsatz um 3 Euro auf 449 Euro erhöht, das entspricht einer Steigerung von 0,6 Prozent – ein Almosen. Vom Regelsatz sind rein rechnerisch nach dem theoretischen Hartz-IV-Berechnungsmodell 36,44 Euro für die Stromrechnung vorgesehen. Der Hartz-IV-Empfänger muss aber im realen Leben monatlich 44,33 Euro aufbringen, im Standard-Tarif des Grundversorgers sogar durchschnittlich 48,91 Euro. Das hat Verivox errechnet. Hartz-IV-Empfänger müssen als zwischen 90 und 190 Euro im Jahr an anderer Stelle einsparen, um die steigende Energiepreise zu kompensieren.

Energiewende muss soziale Härtefälle berücksichtigen

Die saarländische große Koalition aus CDU und SPD hat in ihrem Koalitionsvertrag unter der Überschrift „Neue Energie für das Saarland“ 2017 folgendes vereinbart: „Die Koalitionspartner setzen sich für preisgünstige Energie ein und [wollen] die Kosten der Energiewende gerechter verteilen.“ Es blieb bei dieser Ankündigung. Der Landesregierung fehlt es an Energie für eine sozialverträgliche Energiepolitik.

Damit entstehen gesellschaftspolitische Risiken. Wenn die Energiepreise durch die Decke gehen und große Teilen der Bevölkerung das Leben schwerer machen, droht die Akzeptanz für den ökologischen Wandel zu schwinden. Die Politik muss dringend aufpassen, dass die Energiewende nicht zu sozialer Schieflage führt. Die Proteste der Gelbwesten in Frankreich sollten als Warnung dienen. Laut einer aktuellen Umfrage des Vergleichsportals Verivox würde heute wieder jeder Dritte Deutsche aus Kostengründen an der Kernkraft festhalten.

Klimaschutz ist eine der größten Aufgaben der Gesellschaft, aber nicht so bedeutend, dass er die soziale Spaltung rechtfertigen würde.