Prozesshanselei mit immensen Folgekosten: Die politische Spitze der Landeshauptstadt hat in der Feuerwehr-Affäre mehr als eine halbe Million Euro „verbrannt“. Dafür hätte die Wehr zwei neue Löschfahrzeuge bekommen können. Nun eskaliert der Konflikt weiter: Saarlandinside liegt eine Strafanzeige gegen Bürgermeister Ralf Latz vor. Es geht um falsche Verdächtigungen und Anstiftung zur Straftat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Wir fassen die Feuerwehraffäre zusammen: Josef Schun wird 2012 Chef der Berufsfeuerwehr (ca. 200 Mitarbeiter) , um dort gegen den Schlendrian vorzugehen. Er will unter anderem die übergewichtig-adipösen Feuerwehrleute, immerhin 71 Prozent der Belegschaft, wieder fit machen. Die behäbigen Teile der Belegschaft lehnen sich dagegen auf. Der Personalrat befeuert die Auseinandersetzung. Die Rathaus-Führung kann den Konflikt nicht lösen. Schun muss dafür büßen. Im Dezember 2017 suspendiert ihn die Verwaltungsspitze vom Dienst. Oberbürgermeisterin Britz und Bürgermeister Latz erheben gleichzeitig über die Presse Verdächtigungen gegen Schun, unter anderem wegen angeblicher Untreue und mehrerer Dienstvergehen. Schun selbst bekommt von seiner Dienstherrin Redeverbot.
Verdacht der Anstiftung zur Straftat
Britz und Latz lassen eidesstattliche Versicherungen und anonyme Beschuldigungen von Feuerwehr-Mitarbeitern organisieren und Gutachten über angebliche Dienstvergehen erstellen. „Wider besseres Wissen“, die „Vorwürfe hätten damals einer einfachen Plausibilitätsprüfung nicht standgehalten“, steht in der vor wenigen Tagen erstatteten Strafanzeige gegen Latz (Az: 05 AR 66/19). Das Verwaltungsgericht sieht schon im April die Sache ähnlich. Alle Vorwürfe sind nicht oder nicht ausreichend belegt. Schuns Suspendierung ist „evident rechtswidrig“, so der Beschluss des Gerichts. Nebenbei: Der Berufsfeuerwehrchef Schun genießt auch bei der Freiwilligen Feuerwehr (750 Mitglieder) hohes Vertrauen.
RALF LATZ ist mithilfe seines Onkels „Don Alfredo“ Holzwarth in der Saar-SPD groß geworden. Holzwarth war als Parkhausdirektor und Saartoto-Chef in den 80er und 90er Jahren der Strippenzieher und Geldbeschaffer für die saarländischen Sozialdemokraten („De Oskar hat die Macht und ich hann das Geld“). Gegen den Neffen Latz ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts mehrerer Vergehen.
Amtsenthebungen „evident rechtswidrig“
Auch bei der Freiwilligen Feuerwehr versucht die Stadt, den ehrenamtlichen Wehrführer der 750 Feuerwehrleute, Marc Denzer, abzusetzen. Er hat auf rechtliche, technische und organisatorische Mängel im städtischen Feuerwehrwesen hingewiesen. Dieses liegt in Schindels Verantwortung. Denzer fordert Transparenz statt Gemauschel, gerechte Beförderungen, „nicht nach dem Nasenfaktor“. Wie bei Schun werden auch gegen Denzer Vorwürfe über die Medien lanciert. Aber auch in diesem Fall eine klare Entscheidung des Verwaltungsgerichts: Denzers Suspendierung war „evident rechtswidrig“. Dezernent Schindel muss die Suspendierung rückgängig machen; er kündigt vor drei Wochen an, ihn im Rahmen einer Anhörung der Feuerwehrleute formal abwählen zu lassen. Erfolgt ist nichts. Schindel scheint von Latz offenbar aus dem Verkehr gezogen worden zu sein. Der Verdacht, dass SPD und Linke dem neuen OB Uwe Conradt die Causa Schindel und Feuerwehr als Eier ins Nest legen, dürfte nicht weit hergeholt sein.
Prozesskosten ca. 200.000 Euro
Die Rechtsstreite mit Schun und Denzer werden die Stadt und die obsiegenden Kläger sehr viel Geld kosten. Die Stadt sagt, sie habe an Anwälte und Gutachter bisher ca. 10.000 Euro ausgezahlt. Angaben über die tatsächlichen Kosten verweigert sie. Die dürften ein Vielfaches betragen. Insider schätzen die Gesamtkosten für alle Beteiligten auf etwa 200.000 Euro. Bei Prozesskosten in dieser Höhe würden wohl die meisten Rechtsuchenden die Waffen strecken und aufgeben. Die Stadt wird aber auch die Prozesskosten der Kläger übernehmen müssen. Ihr drohen zusätzliche Schadenersatzforderungen.
200.000 Euro Gehalt ohne Arbeit
Schun ist von OB Britz von Dezember 2017 bis September 2018 freigestellt, rechtswidrig, wie das Verwaltungsgericht sagt. Bis April 2019 wird Schun ins Baudezernat abgeschoben, ohne Aufgaben, „evident sachwidrig“, sagt das Gericht. Seit Mai dieses Jahres ist er nach Dortmund abgeordnet. Sein Gehalt (Besoldung A 16) zahlt die Stadt dennoch mindestens noch bis Ende 2019. 24 Monate Gehalt ohne Arbeitsaufträge, das macht mehr als 200.000 Euro aus dem Stadtsäckel. Legt man den offiziellen Stundensatz des Landes für den höheren Dienst von 82,30 Euro zugrunde, kostet das Freistellen und Abschieben Schuns 343.000 Euro. Hinzuzurechnen die Hunderte von Arbeitsstunden der involvierten städtischen Beschäftigten und der Aufwand der Amtsärzte.
Gut 100.000 Euro für die Ersatz-Dienste
Als Schun sich im April 2019 nach 16 Monaten Abwesenheit auf seinen alten Job zurückklagt, werden mit einem Schlag 96 Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr krank. Um die Einsatzbereitschaft zu sichern, müssen zwei Wochen lang 581 Kräfte der Freiwilligen Feuerwehren rund um die Uhr Dienst schieben. Insgesamt 14.000 Einsatzstunden. Die Arbeitgeber stellen ihre Beschäftigten für das Ehrenamt frei. Die Stadt ersetzt den Unternehmen die Lohnkosten für eine Acht-Stunden-Schicht. Allein dafür zahlt die Stadt mehr als 100.000 Euro. Für Mehrarbeit über die acht Stunden hinaus und für Wochenenddienste gibt’s 10 Euro die Stunde, macht nochmal einen fünfstelligen Betrag aus der Stadtkasse.
FEUERWEHR UND FAIR WEAR: „Dezernent für Bürgerdienste, Sicherheit, Soziales und Sport“ – ein gut bezahlter und üblicherweise aufreibender Spitzenjob im öffentlichen Dienst mit Abend- und Wochenendterminen (Jahresgehalt 110.000 Euro). Harald Schindel hat dennoch viel Freizeit und Energie für einen lukrativen Nebenjob: Er modelt für Designer und Mode-Fotografen in aller Welt (Ausriss TOP SAARLAND)
Zum Runterladen: Feuerwehr-Dezernenet Schindel titelt auch die FORUM-Modesonderbeilage MANN-O-MANN).
Landeshauptstadt ohne politische Führung
Es sind also insgesamt eine gute halbe Million Euro für Prozesse und Folgekosten, die der Steuerzahler übernimmt. Dabei bräuchten die Freiwilligen Feuerwehren das Geld für neue Fahrzeuge, die ältesten sind 40 Jahre alt, und die Sanierung der veralteten Feuerwachen. Die noch amtierende Oberbürgermeisterin Britz hat sich nach ihrer Wahlniederlage längere Zeit krank gemeldet. Dezernent Schindel macht eher in seinem Nebenjob als Charakter-Model auf internationalen Modeschauen zwischen Barcelona und New York eine gute Figur als in seiner Verantwortung für Bürgerdienste, Sicherheit, Soziales und Sport in der Landeshauptstadt. Bürgermeister Ralf Latz sieht sich außer in der Sache Schun noch in einem weiteren Verfahren mit der Justiz konfrontiert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn im Zusammenhang mit einer von der Sparkassen-Verwaltungsratsvorsitzenden Britz organisierten Zuwendung der Sparkasse Saarbrücken an den Verein von Latz‘ Frau. Es geht um Untreue.
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