Gemeindeschulden: Die glorreichen Vier

Es gibt sie noch, die solide wirtschaftenden Bürgermeister und die kostenbewussten  Gemeinderäte. Immerhin in vier saarländischen Gemeinden. Sie brauchen keinen „Dispo“ und müssen ihr Personal nicht auf Pump bezahlen.


Solide Haushälter
Oberbürgermeister Hans Wagner (St. Ingbert), Bürgermeister Lothar Christ (Losheim am See), Bürgermeister Manfred Schwinn (Saarwellingen) und Oberbürgermeister Peter Demmer (Saarlouis) (von links).

Glücksfall St. Ingbert: Hohe Wirtschafts- und Finanzkraft

Seit Jahren unangefochten die Nummer 1 der 52 saarländischen Kommunen ist St. Ingbert. OB Hans Wagner kann wiederholt einen Haushalt ohne Dispo-Schulden vorweisen und kann sich laut Statistischem Landesamt als wirtschafts- und finanzstärkste Kommune des Landes präsentieren. (Siehe Tabelle) Ein besonderer Verdienst vor dem Hintergrund insoweit, als St. Ingbert den Saarpfalzkreis für dessen gesetzliche und freiwillige Aufgaben mit 28,3 Millionen Kreisumlage alimentiert. Pro Kopf zahlen St. Ingberter Bürger nach den Saarbrückern die zweithöchste Kreisumlage.


Kommunale Gesamtverschuldung, inkl. Kreise,  nach Ländern 2017 pro Einwohner.  Grafik: Goldfisch-PR.
Quelle: Destatis

Auch Saarlouis, Saarwellingen und Losheim schuldenfrei

Wie im letzten Saarlandinside-Ranking gehören zum kleinen Kreis der Dispo-Schuldenfreien auch die Bürgermeister von von Losheim, Lothar Christ, und von Saarwellingen, Manfred Schwinn, und erstmals auch Saarlouis mit seinem Oberbürgermeister Peter Demmer. Die saarländischen Kommunen sind die ärmsten der Republik. Saarlandinside hatte vor einem Jahr in einem bundesweiten Vergleich analysiert, dass im Jahre 2016 49 saarländische Gemeinden mit 2,2 Milliarden Euro mehr Schulden aufgehäuft hatten als 5.951 Städte und Gemeinden der sechs Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen zusammengenommen. An diesem Desaster hat sich auch 2017 trotz leichten Rückgangs der Dispo-Schulden bei den meisten Städten und Gemeinden im Land nicht viel geändert. Die Landeshauptstadt Saarbrücken zählt zu den höchstverschuldeten deutschen Großstädten. Und unter den deutschen Mini-Gemeinden ist Gersheim immer noch der größte Schuldenbuckel.

Kaum ernsthafte Sparmaßnahmen

Schaut man sich die Ausgabenpositionen der Gemeinden an, so kommen große Zweifel auf, ob angesichts der Herkulesaufgabe Kosten sparen viele Bürgermeister und Räte den Ernst der Lage erkannt haben. Beispiel Personalausgaben: Auffällig hohe Personalkostensteigerungen in einzelnen Rathäusern sind nicht allein mit Hinweis auf mehr Kita-Personal zu erklären. In den Gemeinden wird kaum anders gewirtschaftet als in der Landesverwaltung: Die Parteien nutzen, dort, wo sie den Bürgermeister stellen, häufig den Apparat zur Versorgung.

Problem freiwillige Aufgaben

Auch bei den freiwilligen Ausgaben, oft versteckt unter anderen Aufgaben wie Wirtschaftsförderung und Marketing, wirtschaften die Verwaltungen in Kommunen und Landkreisen drauf los, als gäbe es kein Morgen. Und der Bürgermeister von Gersheim sollte erklären, warum seine 6.379-Einwohner-Gemeinde, die jährlich zwischen 100 und 200 Einwohner verliert, außer zwei Rasenplätzen ausgerechnet noch drei Kunstrasenplätze braucht und die  Investitionshilfe des Landes nicht für Projekte verwendet, die der Gemeinde unter den Nägeln brennen, zum Beispiel in den Schulen.

Effektives kommunales Controlling fehlt

Innenminister Klaus Bouillon (CDU) hatte schon vor Jahren ein umfassendes Kennzahlensystem angekündigt; Es soll bei der Einnahme- und Ausgabenstruktur der Gemeinden für Transparenz sorgen. Dieses Kommunal-Controlling, wie es andere Innenminister der Republik schon seit Jahren praktizieren, ist bis heute nicht eingerichtet. Jetzt kommt der Saarlandpakt. Damit wird die Landesregierung eine Milliarde Euro von den Kommunen auf das Landeskonto umschulden. Ein spätes politisches Eingeständnis  dass die Landesregierung  die Gemeinden über zwei Jahrzehnte hinweg hat ausbluten lassen und so ihren Schuldenanstieg in 2018  hat stoppen können . Ein Investitionsprogramm soll den dann immer noch überschuldeten Städten und Gemeinden weitere Finanzhilfen leisten. Es ist davon auszugehen, dass die verantwortungsvoll wirtschaftenden Rathauschefs und Räte in St. Ingbert, Saarlouis, Losheim und Saarwellingen  die Angeschmierten sein werden.

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