Der saarländische Handelskonzern Globus macht trotz der immer grausameren Nachrichten aus der Ukraine weiter Geschäfte in Russland. Nur wegen der Mitarbeiter und der Kunden dort, wie es heißt. Wie wäre es, wenn der Konzern seine Russland-Gewinne komplett für Menschen in der Ukraine zur Verfügung zu stellte?
Bringt die Grausamkeit des Krieges, bringen gefolterte und ermordete Zivilisten zwei saarländische Unternehmen dazu, doch noch einmal über ihre Geschäfte in Russland nachzudenken? Stellen der Globus-Konzern und die Dr. Theiss Naturwaren GmbH ihre Aktivitäten in und mit Russland ein, nachdem in der ukrainischen Stadt Butscha mehrere Hundert Leichen von Zivilisten gefunden wurden? Journalisten vor Ort und Menschenrechtsorganisationen berichten von Folterungen und Hinrichtungen. Die Vereinten Nationen haben bereits vor dem grausigen Fund in Butscha angekündigt, Kriegsverbrechen zu untersuchen. Die Europäische Union hat mitgeteilt, ihre Sanktionen gegen Russland weiter zu verschärfen.
Globus stoppt nur die Ausweitung der Geschäfte
Bleiben der Globus Konzern und Dr. Theiss Naturwaren bei ihrer Linie, weiterhin in Russland Geschäfte zu machen? Und wenn ja: Ist es für Globus und Dr. Theiss Naturwaren eine Möglichkeit, den Gewinn des Russland-Geschäfts zeitnah Regierungsorganisationen oder Nichtregierungs-Organisationen in der Ukraine zur Verfügung zu stellen, um dort etwas für die Menschen zu tun, die Opfer der russischen Angriffe sind? Das wollte Saarlandinside von den beiden Unternehmen mit Hauptsitz in St. Wendel und Homburg wissen.
„Als Reaktion auf die Geschehnisse in der Ukraine haben wir unsere Investitionen in neue Projekte und unsere Expansion in Russland, wie viele andere Unternehmen auch, gestoppt“, teilt eine Sprecherin von Globus auf Saarlandinside-Anfrage mit. Also nicht die Geschäfte werden gestoppt, sondern nur deren Ausweitung.
Globus unterstützt Initiativen
„Aktuell arbeiten unsere Märkte an allen Standorten mit Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz oder den Johannitern zusammen und unterstützen eine Vielzahl privater und kommunaler Initiativen, um den Flüchtlingen an den EU-Grenzen und in der Ukraine mit Lebensmittel-, Kleider-, Geld- und Sachspenden zu helfen und beispielsweise auch Wohnraum zu vermitteln. An weiteren Initiativen zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge arbeiten wir gerade mit Hochdruck“, heißt es in der Stellungnahme von Globus weiter. Wie viel Geld der Konzern dafür ausgibt, lässt die Sprecherin offen.
Globus macht 84 Millionen Euro Gewinn in Russland
Der Frage, ob man bereit ist oder sich zumindest vorstellen kann, den Gewinn aus dem Russland-Geschäft direkt der Ukraine oder Hilfsorganisationen in der Ukraine selbst zur Verfügung stellen, weicht Globus aus. Dabei geht es nämlich um richtig viel Geld. Mehr als ein Fünftel aller Globus-Angestellten arbeitet in Russland. Die Globus-Märkte rund um Moskau „verzeichneten in der letzten Bilanz ein Ergebnis nach Steuern in Höhe von 84 Millionen Euro – zehnmal so viel wie die Märkte in Deutschland“, schrieb das Magazin Business Insider am 2. März. „Auf der letzten Hauptversammlung verkündete der Geschäftsführer und Inhaber Matthias Bruch, weiter in den russischen Markt investieren zu wollen. Im Geschäftsjahr 2020/2021 wurden sechs Milliarden Rubel (69 Millionen Euro) in die dortigen Immobilien und Infrastruktur gesteckt“, heißt es in dem Bericht. Zahlen, die die Globus-Sprecherin bestätigt.
Geht es Globus, wie das Unternehmen zu Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine mitteilte, also nur darum, Verantwortung für die rund 10.000 Mitarbeiter in Russland und seine Kunden dort zu übernehmen? „Als Lebensmittelhändler sind wir für die Grundversorgung der Menschen verantwortlich und möchten deren Zugang zu Lebensmitteln weiter sicherstellen“, teilte Globus zu Kriegsbeginn mit. Offenbar geht es allerdings nicht nur um Kunden und Mitarbeiter, sondern auch um die Sicherung der Millionengewinne.
Dr. Theiss Naturwaren hält sich für versorgungsrelevant
Auch die Dr. Theiss Naturwaren GmbH in Homburg will ihr Russland-Geschäft nicht stoppen. Die Begründung ist dieselbe wie die von Globus: „Wie zahlreiche andere betroffene Unternehmen, die ebenfalls versorgungsrelevante und lebenswichtige Produkte, Arzneimittel, Medizinprodukte und Schmerzmittel herstellen, ist sich auch das Unternehmen Dr. Theiss Naturwaren seiner Versorgungspflicht und seiner Verantwortung gegenüber seinen Kunden und Mitarbeitern des Unternehmens im In- und Ausland bewusst. Die Bevölkerung in Russland wird mit Gesundheitsprodukten für Erwachsene und vor allem für Kinder versorgt. Wie alle anderen Unternehmen auch, beobachtet und bewertet Dr. Theiss Naturwaren die Entwicklung fortlaufend“, teilt die Firma mit.
Dr. Theiss gibt 1,5 Millionen Euro für Hilfskonvois
Und die Gewinne? Im Gegensatz zu Globus nennt Dr. Theiss Naturwaren zumindest eine konkrete Zahl. Das Unternehmen habe „bisher mehrere Hilfskonvois im Wert von 1,5 Millionen Euro auf den Weg nach Polen und in die Ukraine gebracht, weitere sind in Arbeit“, lautet die Antwort auf die Anfrage von Saarlandinside. „Darüber hinaus sind in den letzten Wochen 51 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Angehörigen aus der Ukraine in Homburg aufgenommen und versorgt worden“, heißt es weiter. Dr. Theiss Naturwaren erzielt einen Jahresumsatz von 150 Millionen Euro, 40 Millionen Euro davon in Osteuropa. Das Unternehmen machte 2020 einen Gewinn von 11 Millionen Euro nach Steuern und beschäftigt in Russland rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.