Grubenflutung soll noch vor der Wahl durchgedrückt werden

Dr. Armin König, Sprecher des Umweltvereins “Pro H2O Saar” und Bürgermeister von Illingen, über die Risiken für Hunderttausende betroffene Saarländer

Foto: Carsten Simon

Die RAG-Stiftung macht wieder Druck. Ihr Chef Bernd Tönjes will mit aller Macht, dass der RAG-Antrag auf Grubenflutung noch vor der Sommerpause 2021 genehmigt wird. Aus seiner Sicht verständlich: Wer weiß, ob eine großflächige Grubenflutung im Saarland noch durchgeht, wenn es nach der Bundestagswahl Schwarz-Grün und nach der Landtagswahl keine Große Koalition mehr gibt. Die Grubenflutung jedenfalls birgt große Gefahren für Leib und Leben.

RAG konnte immer auf das Kuratorium zählen

Bisher haben Bergbehörden im Saarland der RAG und der RAG-Stiftung nie Kummer gemacht. Man kennt sich, man versteht sich, zum Teil schon aus dem Bergingenieur-Studium. Und ohnehin war »die Grub« im Saarland schon immer eine Macht, ein Staat im Staat, sei es bei Bergschäden, sei es bei Betriebsplan-Genehmigungen. Im Kuratorium der Stiftung sitzen hochkarätige Politiker, die einander kennen. (Siehe Artikel „Grubenwasserflutung: Auf welcher Seite stehen Hans, Maas und Altmaier?“) Auf sie konnten die Stiftungschefs immer zählen. Und auch die Behörden spielten mit.

Salamitaktik der RAG

Die RAG will das Wasser (Grubenwasser und damit auch Grundwasser) in zwei Phasen ansteigen lassen, erst auf minus 320 Meter (Phase 1), dann komplett bis kurz vor die Erdoberfläche (Phase 2). Weil die Phase 2 aber hoch riskant und bis heute völlig unkalkulierbar ist, hat die RAG nur eine Genehmigung für Phase 1 beantragt. Viele der 6.000 privaten Einwender und der mehr als 20 Kommunen, die Einspruch eingelegt haben, halten diese Salamitaktik für rechtswidrig. Denn die Phase-1-Flutung macht ja nur dann wirklich Sinn, wenn auch Phase 2 kommt. Erst danach braucht die RAG keine Pumpen mehr und kein Personal.

Neues Gutachten warnt vor Gefahren durch Phase 2

Jetzt gibt es erstmals ein neutrales Gutachten aus Sachsen, das die Unbedenklichkeit in Frage stellt. Es ist kein Freibrief für die RAG, im Gegenteil. Zwar sehen die Dresdner Gutachter wenig direkte Auswirkungen in der ersten Phase. Allerdings stellen Prof. Luckner und sein Team fest, dass es danach erhebliche Risiken und Gefährdungen gibt, weil durch den geplanten Stopp des Pumpens dauernde Folgen für das Grundwasser, das Gebirge und die Oberfläche über Tage zu betrachten sind. Die Dresdner Gutachter schreiben in bisher unbekannter Offenheit, dass die Phase 1 des Grubenwasseranstiegs vom Oberbergamt zwingend zusammen mit den möglichen Auswirkungen der Phase 2 zu betrachten ist. Dies sei auch umweltrechtlich bedeutsam. RAG und Bergbehörden hatten dies immer bestritten. ProH2O und viele Gemeinden waren derselben Meinung wie die Dresdner Umweltgutachter.

Gutachter: Mögliche Entstehung von Gemeinschäden

Sobald die Phase 2 begonnen werde, sei davon auszugehen, „dass es bei einem weiteren Anstieg des Grubenwasserspiegels über -320 mNN zu einer Beeinträchtigung sowohl der Oberflächen- als auch der Grundwässer kommen wird.“ In dieser Phase könnte „eine Vorsorge gegen Gefahren für Leben und Gesundheit erforderlich werden“. Die Gutachter gehen noch weiter: “Die mögliche Entstehung eines Gemeinschadens insbesondere in Zusammenhang mit einer Phase 2 ist dann zu diskutieren.“ Dies betrifft etwa die mögliche Beschädigung von Sach- und Kulturgütern. Das ist heftig.

6.000 Einwender: Grubenflutung darf nicht genehmigt werden

Deshalb kann es nur eine Konsequenz geben: Die Grubenflutung darf nicht genehmigt werden. Die Ewigkeitslasten sind durch die RAG-Stiftung dauerhaft zu leisten. Das ist auch problemlos möglich.

Es ist an der Zeit, dass die saarländischen Vertreter im RAG-Stiftungs-Kuratorium die Interessen der Saarländerinnen und Saarländer schützen und nicht die Geschäftsinteressen des mächtigen Stiftungsvorstands, der mit den Milliarden lieber Industriepolitik macht.