Landtagsfraktionen: Systematische Begünstigung der Mitarbeiter

Lotterwirtschaft, zweiter Teil: Über Fraktionsberatungen in noblen Etablissements, außertarifliche Gehälter und andere Vorteile für die Mitarbeiter.

Lohnerhöhungen und Sonderzahlungen ohne Anlass
Personalausgaben für die Mitarbeiter und Gehilfen der Abgeordneten sind die größte Ausgabenposition der Fraktionen. Die Versuchung, angestellte Parteifreunde zu begünstigen ist groß. Ihr waren die Fraktionsgeschäftsführer in früheren Jahren auch häufig erlegen, stellte der Rechnungshof fest. Mitarbeiter erhielten großzügig Lohnerhöhungen und Sonderzahlungen. Ohne konkreten Anlass und „nicht gerechtfertigt“, urteilte der Rechnungshof. Auch bei den Fahrtkosten zur Arbeit zeigten sich die Geschäftsführer der Fraktionen spendabel. Sie erstatteten Busfahrkarten und Autokosten, die Otti Normalverbraucherin allenfalls als Werbungskosten bei der Steuererklärung geltend machen kann.  Bereits 2004 hatte der Rechnungshof die Fahrtkostenübernahme durch die Fraktion als unzulässig gerügt – die Fraktion hatte es nicht gekümmert. Weitere Begünstigungen: Essenszuschüsse und zu hohe vermögenswirksame Leistungen, im öffentlichen Dienst ein Unding.


Wenn PolitikerInnen die Nähe des Steuerzahlers suchen…

Außertarifliche Gehälter, ohne schriftlichen Vertrag
Auch bei den Arbeitsverträgen ließen Fraktionen fünfe gerade sein: Zwei Fraktionen zahlten nicht nach dem für den öffentlichen Dienst gültigen Tarifvertrag, sondern außertariflich. Elf Arbeitsverträge wurden gar nicht erst schriftlich verfasst. Wie viele Stunden in der Woche und was die Mitarbeiter arbeiten sollten, war nicht bekannt. Drei Fraktionen bezahlten sechs Mitarbeiter nach der Entgeltgruppe für Master-Absolventen, obwohl sie Hochschulabschlüsse nicht belegen konnten. Insgesamt beträgt der Schaden unter der Position Personalkosten 78.000 Euro. Nachdem 2014 und 2015 der Rechnungshof die Günstlingswirtschaft im Landtag hatte auffliegen lassen, hätten die zu viel gezahlten Löhne und Gehaltsbestandteile von den Profiteuren zurückgefordert werden müssen. Taten sie aber nicht. Peifedeckel, Steuerzahler!

Beratung in nobelsten Etablissements
Wenn unsere Landesparlamentarier über den Milliarden-Haushalt beraten, ziehen sie sich – der Bedeutung der Aufgabe angemessen – gerne ins Würdevolle zurück. Über große Summen, über finanzielle und soziale Auswirkungen zu entscheiden – ein Highlight im Abgeordneten-Jahr. Und großartige Aufgaben brauchen ein grandioses Ambiente. Im Schloss Berg zum Beispiel hielt eine Fraktion Klausur. Die Moselweinberge und die Menü-Karte von Dreisterne-Koch Christian Bau vor Augen, sprachen sie über Kürzungen in der Sozial- und Jugendhilfe, die Schließung von 80 Grundschulen, die Kürzung des Weihnachtsgeldes für Beamte – alles Spar-Themen zu dieser Zeit. Die Fraktion fand‘s toll. Sie kam zwei Mal wieder. Gesamtkosten 30.000 Euro.

Auf dem Klosterberg Eingebung für den Schuldenberg
Eine andere Fraktion suchte im Kloster Banz – im 18. Jahrhundert Stätte der Katholischen Aufklärung – Erleuchtung für ihre Politik (Kosten 12.500 Euro). Oder im Kloster Eberbach, wo eine Fraktion vor zehn Jahren für eine Tagung bereits 14.500 Euro hinblätterte. Es muss eine lange Tagung gewesen sein. Möglich, dass auch zusätzlich Team Building notwendig wurde (Klosterinfo: „Abwechslung und gemeinsamer Spaß im Team“, 20 Euro pro Person). Fest steht: Auch auf dem Klosterberg Banz wurden trotz Meditation die Energiekanäle nicht frei für den Durchbruch im saarländischen Schuldenberg.

Fremdschämen im Haushaltsnotlageland
Resümee des Rechnungshofs: „In den Jahren 2004 bis 2008 wurden insgesamt 75.000 Euro für diese Zwecke ausgegeben. Überhaupt stellt sich die Frage, ob in einem Haushaltsnotlageland (Haushalts-) Klausuren… im Durchschnitt 15.000 Euro pro Jahr kosten mussten“. So klingt Fremdschämen eines staatlichen Kontrollorgans im Saarland.


14.500 Euro für eine Klausurtagung im Kloster Banz. Das Haus gehört der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung. Foto: Hanns-Seidel-Stiftung
Den vollständigen Prüfbericht des Landesrechnungshofs finden Sie hier