LSVS: Luxus-Förderung für Tischtennis-Profis auf Kosten des Breitensports

Saartoto und Landessportverband wollen offenbar fünf Jahre lang Gehälter von FCS-Tischtennisprofis finanzieren. Seit 2016 sind schon mehr als 250.000 Euro geflossen. Dafür bekommen die 2.000 Saar-Sportvereine zehn Prozent weniger Mittel für den Breitensport. Die ersten Vereine gehen gegen die Misswirtschaft auf die Barrikaden.

Saarlandinside hatte bereits Anfang Februar den dubiosen Verstärkungsfonds von 1,25 Millionen beim LSVS öffentlich gemacht. Der Millionen-Topf, 2016 kurz vor der Landtagswahl für fünf Jahre eingerichtet, wird auf einem externen LSVS-Konto geführt. Von dort bedient LSVS-Präsident Meiser „Anliegen und Projekte“, so der Saartoto-Aufsichtsratsbeschluss. Meiser hatte diesen Sondertopf nach außen hin als Stärkung „des Olympiastützpunkts Tischtennis Saarbrücken“ verkauft. Beim Deutschen Tischtennisbund existiert das Projekt nicht.

Bis 450.000 Euro für Franziska, 300.000 Euro für Trainer
Mit einem Großteil der Sondermittel will Meiser offenbar sein geliebtes 1. FCS-Tischtennis groß machen. 2016 ermöglichte er den Wechsel von Patrick Franziska, aktuell Nummer 38 der Weltrangliste, vom deutschen Rekordmeister Düsseldorf an die Saar. Mit der Zusage einer Gehaltsbeteiligung von 80.000 und 90.000 Euro jährlich. Darüber hinaus zahlt der LSVS-jährlich 60.000 Euro für Profi-Trainer. Cheftrainer des Saarländischen Tischtennisbundes ist Slobodan Grujic, gleichzeitig auch Coach der FCS-Tischtennis-Profitruppe. Bezieht Grujic Gehalt vom LSVS als Trainer des Verbands oder als Chefcoach der FCS-Profitruppe? LSVS und Saartoto könnten klarstellen, dass die Gehaltszahlungen gestoppt werden. Tun sie aber nicht. Zahlen sie weiter, können die Tischtennis-Profis beim FCS bis 2020 mit bis zu 750.000 Euro Gehalt allein vom LSVS rechnen. Franziskas Vertrag läuft bis 2021.


Für fünf Jahre nach Saarbrücken geholt: Vom LSVS mitfinanzierter FCS-Profi Patrick Franziska. Foto: DTTB

LSVS: Hunderttausende für den 1. FCS – 800 (!) Euro für den ATSV
Dr. Stephan Schaeidt, Vorsitzender des ATSV-Saarbrücken, mit 1.500 Mitgliedern eines der größten Saarsport-Vereine, will die Überweisung öffentlicher Saartoto-Gelder „an den Kassen vorbei direkt an die Athleten“ nicht länger hinnehmen. „Wir Vereine müssen kämpfen. Weniger Mitglieder, weniger Vereinsbindung, die Hallengebühren steigen, die Verbandsbeiträge an den LSVS ebenso – wir werden wohl die Mitgliedsbeiträge stufenweise erhöhen müssen.“ Schaeidt bekommt vom LSVS für seine Tischtennis-Abteilung mit acht Mannschaften, darunter die Damen in der 2. Bundesliga, gerade mal 800 Euro im Jahr für etwa 120 Tischtennisspieler, dazu 5.000 Euro Zuschuss aus dem Sportministerium. Nicht einmal ein Prozent dessen, was die Handvoll Profistars beim FCS-Tischtennis kassiert. Eindrücklicher lässt sich eine Fehlentwicklung – wenige bekommen viel, alle anderen bekommen weniger – nicht dokumentieren. Schaeidt fordert, es müsse endlich Schluss sein mit der Luxusförderung auf Kosten des Breitensports.

Widerstand der Verbände wächst
Es rumort heftig unter den Verbänden. Aber die Vorsitzenden und Präsidenten trauen sich noch nicht aus der Deckung. Das Präsidium, zurzeit mit der Staatsanwaltschaft in Sachen Vorteilsgewährung für Sportminister Klaus Bouillon genug beschäftigt, kann keinen zusätzlichen Ärger gebrauchen. Es hat in der LSVS-Vorstandssitzung am 1. März die Verbände erst einmal ruhiggestellt. Das Thema bleibt aber virulent. Die Linke hatte „die Misswirtschaft des Präsidiums und das Versagen der politisch Verantwortlichen, für die die Saarländerinnen und Saarländer für blechen sollen“, zum Thema im Landtagsinnenausschuss am Donnerstag dieser Woche gemacht. Sie will Klarheit darüber, was Klaus Meiser und Präsidium aus dem Verstärkungsfonds der öffentlichen Gelder alles bezahlt haben. Die Bilanz des Linke-Abgeordneten Dennis Lander nach der Sitzung: “Es hat sich bestätigt, dass beim Landessportverband keine ordentliche Geschäftsführung, keine ordentliche Buchführung und keine Transparenz gegeben ist und funktionierende Kontrollinstanzen fehlen”.

Die unheilige Allianz der Beschwichtiger und Vernebler
Saartoto und LSVS beschwichtigen und vernebeln weiter auf breiter Front. Auch saarländische Journalisten assistieren dabei. Für den aktuellen Bericht bestellte Saartoto-Geschäftsführer Peter Jacoby den SR-Reporter Stefan Hauch zum Interview. Wie die Spitzensportler im Saarland gefördert werden, gehe niemand etwas an, betete Journalist Hauch artig eine rechtlich umstrittene Position von Saartoto nach. Und weiter: „Alle in diesem System sagen, es hat sich so gut bewährt, dass man die Konstruktion weiterführen sollte.“ Alle in diesem System? Richtig: die Profiteure und Mitwisser. Am Ende versteigt sich der SR-Mann sogar in eine Drohung: „Ohne Frage, wenn Saartoto sein Engagement zurückfährt, werden die Kassen des Saarsports schnell leer sein.“ Das peinliche Journalisten-Statement schützt so eine Clique aus Politikern und Sportfunktionären, die Millionen an parlamentarischer Kontrolle vorbei nach eigenem Gusto für ihre Lieblings-Stars ausgibt.

LSVS sponsert Sportjournalisten-Verein
Die devote Berichterstattung über das LSVS-System kommt nicht von ungefähr: Seit Jahren wird der Verein saarländischer Sportjournalisten vom LSVS gesponsert, mit 18.000 bis 21.000 Euro jährlich, wie Vereinsvorsitzender Thomas Wollscheid gegenüber Saarlandinside einräumt; das Geld fließe in die Lichttechnik bei der „Wahl der Saarsportler.“ Solche Geschäfte auf Gegenseitigkeit, die Interessen und die Handelnden geschickt vernetzen, gehören zu der im SR-Interview gerühmten „bewährten Konstruktion“, dem „System Meiser“, und das steht in guter Tradition seines Vorgängers Gerd Meyer. Der Vollständigkeit halber: Außer dem Licht-Sponsoring hätte der Verein der Sportjournalisten keine Vorteile erhalten, beteuert Wollscheid.

Auch FCS-Vorsitzender Jörg Alt mit Nebenjob beim LSVS
Verbindungen zum 1. FCS pflegt LSVS-Präsident Meiser auch mit langjährigen Sportkumpels. So versorgt er den FCS-Vorsitzenden Jörg Alt seit 2016 mit einem Nebenjob im LSVS, als Mitarbeiter seines Bruders Leo Meiser. Dessen Nebenjob wiederum musste Bruder Klaus nach Bekanntwerden Ende 2017 beenden. Alt hat bisher wohl ca. 11.000 Euro bekommen.

FDP für Untersuchungsausschuss LSVS
Inzwischen fordert die FDP eine parlamentarische Aufarbeitung des Finanzskandals beim LSVS. Immerhin bestehe gegen Meiser der Verdacht der Untreue.  “Dass er zurückgetreten ist, reicht nicht. Die Vorgänge müssen durch einen Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden”, forderte FDP-Landesvorsitzender Oliver Luksic.

Fazit: Etwa 50.000 Saarländer spielen Fußball. Die Turnvereine organisieren jede Woche Turnen für 4.000 Kinder. Die Verantwortlichen in den Vereinen müssen viel leisten, um Hunderttausenden von Saarländern Lebensfreude durch Sport zu bereiten. Die Vereine stehen unter Druck, ständig vor einer Beitragserhöhung. Da wären Hunderttausende Saarländer für jeden Euro in die Vereinsarbeit dankbar. Auf der anderen Seite eine Funktionärsclique, die Hunderttausende Euro öffentlicher Gelder in Gehälter von wenigen importierten Spitzenstars steckt.

Den Verstärkungsfonds behandeln Saartoto und LSVS weiterhin als Geheimsache. Keiner soll wissen, was da vorgeht. Es geht um Machtmissbrauch und Selbstbedienung, um den Verdacht der Untreue, der Vorteilsgewährung durch das Präsidium und der Vorteilsannahme durch Sportminister Klaus Bouillon, nach dem Weggang von Kramp-Karrenbauer der starke Mann in der Saar-CDU. Und der darf auf keinen Fall beschädigt werden. Von den Medien geht jedenfalls keine Gefahr für ihn aus.