Damit Möbel Martin sein Möbelhaus mit 36.000 Quadratmetern Fläche an der Ostspange in Saarbrücken bauen konnte, musste das Baurecht angepasst werden. Verantwortlich dafür war der saarländische Bauminister Klaus Bouillon (CDU). Als die Sonder-Planung lief und das Projekt im Bau war, spendete Möbel-Martin-Chefin Silvia Martin mehr als 45.000 Euro an die CDU, 12.000 Euro an die SPD.
Die Vorgeschichte: Ursprünglich legte die Landeshauptstadt das ehemalige Großmarktgelände im Dreieck zwischen Ostspange und Saarbahn als Gewerbe- und Industriegebiet mit Dienstleistungsbetrieben für die städtische Entwicklung fest. Die Absicht der Planer war, am Rande des Naherholungsgebiets Osthafen ein vielfältig strukturiertes Gebiet mit kleineren und mittelgroßen Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben entstehen zu lassen. Einzelhandelsgeschäfte mit mehr als 700 Quadratmetern Verkaufsfläche waren deshalb laut Bebauungsplan verboten.
Möbel Martin benötigte 36.000 Quadratmeter statt 700 Quadratmeter gemäß Baurecht
Dann kam die Möbel Martin GmbH & Co. KG, ein erfolgreiches Familienunternehmen aus Saarbrücken. 2020 erzielte das Unternehmen mit 230 Millionen Euro Umsatz einen Gewinn von 5,5 Millionen. Die Möbel Martin Geschäftsführung suchte schon länger eine Fläche für ein großes Einrichtungshaus im Bereich Saarbrücken. Das Gebäude sollte zentral liegen und optimal an die Autobahnen Richtung Luxemburg und Lothringen angebunden sein. Möbel Martin legte sich auf den Standort Ostspange fest. Alternativ vorgeschlagene Standorte im Stadtgebiet lehnte das Unternehmen ab. Der Flächenbedarf wurde mit 30.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, 6.000 Quadratmetern Lager und einem Parkplatz angegeben.
Das Problem war nun der Bebauungsplan mit der Begrenzung von Einzelhandelsgeschäften auf 700 Quadratmetern Verkaufsfläche. Der Bebauungsplan war im Saarbrücker Stadtrat verabschiedet. Juristisch gesehen ist ein Bebauungsplan eine Satzung und entspricht einem Gesetz auf kommunaler Ebene.
Baurecht von Bauministerium massiv zugunsten Möbel Martin angepasst
Auf Betreiben des Unternehmens machten sich die Bauplaner bei der Stadt und beim Regionalverband daran, das Baurecht den von Möbel Martin formulierten Bedürfnissen anzupassen. Wenn Behörden einen Bebauungsplan ändern wollen, sind die rechtlichen Hürden jedoch hoch. Das Gesetz schreibt dann ein „Zielabweichungsverfahren“ vor. Das heißt, die kommunalen Baubehörden stellen bei der Obersten Baubehörde den Antrag, dass sie von den alten Zielen des Bebauungsplans abweichen dürfen, um neues Baurecht – meist im Sinne des künftigen Investors – zu schaffen.
Voraussetzung dafür ist, dass der künftige Plan weiterhin den übergeordneten Zielen der Raumordnung im Landesentwicklungsplan entspricht. Eine weitere Voraussetzung dafür ist, dass bei der Neuplanung die „Grundzüge der früheren Planung“ nicht berührt werden, sagt das Baugesetz. Es gibt höchstrichterliche Entscheidungen, nach denen eine Erweiterung der Einzelhandelsfläche in der Größenordnung von 700 auf 36.000 Quadratmeter- immerhin eine Verfünzigfachung der Baufläche – als schwerwiegende Änderung der Grundzüge der früheren Planung angesehen werden könnte. Verantwortlich für die oberste Baubehörde im Saarland ist der Minister für Inneres, Bauen und Sport, Klaus Bouillon (CDU).
Grünes Licht vom Bauministerium
Wie dem auch sei: Das Bauministerium sah trotz dieser Vorschrift in der massiven Änderung des Baurechts kein Problem und hat 2017 den Änderungen zugunsten der Möbel-Martin-Pläne grünes Licht gegeben. Am 20. Oktober 2017 legten die Planer beim Regionalverband den neuen Flächennutzungsplan vor. Möbel Martin bekam daraufhin von der damals von Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) regierten Landeshauptstadt schnell die Baugenehmigung. Nach nur einem Jahr Bauzeit wurde das 50 Millionen Euro Projekt dann am 21. März 2019 eröffnet. Eine Anfrage von Saarlandinside bei der Obersten Baubehörde im Bouillon-Ministerium, inwieweit die Grundzüge der alten Planung respektiert worden sind, wurde vom Ministerium nicht beantwortet, obwohl es laut Pressegesetz zu einer Antwort verpflichtet ist.
Von 2017 bis 2019 spendete Martin mehr als 45.000 Euro an CDU
2017, die Behörden arbeiteten mit Hochdruck an der Änderung des Planverfahrens, öffnete Prof. Silvia Martin, Geschäftsführende Gesellschafterin der Möbel Martin Gruppe, ihren Spendenbeutel. Sie überwies der CDU 18.900 Euro. Auch der SPD überwies Prof. Martin im gleichen Jahr 12.000 Euro.
Es folgten weitere Zahlungen an die CDU von 15.000 Euro in 2018 und 12.000 Euro in 2019. Dies geht aus den Rechenschaftsberichten der Partei für die Jahre bis 2019 hervor. Ob Frau Martin 2020 oder 2021 weitere Spenden überwiesen hat, ist offen. Eine entsprechende Anfrage von Saarlandinside wurde von der Pressestelle von Möbel Martin nicht beantwortet und die entsprechenden Rechenschaftsberichte mit Spenden veröffentlichen die Parteien mit zweijähriger Verspätung.
Zuvor hatte Martin im Jahr 2013 schon einmal an die CDU gespendet, damals 13.000 Euro. 2009 hatte der damalige Ministerpräsident Peter Müller (CDU) Silvia Martin den Ehrentitel „Professor“ verliehen. Die CDU hat also von 2013 bis 2019 mit insgesamt 58.900 Euro an Spenden aus dem Hause Martin profitiert, die SPD mit 12.000 Euro. Insgesamt gingen an CDU und SPD 70.900 Euro.
Quellen:
Geschäftsberichte Möbel Martin 2019
Rechenschaftsberichte der Parteien von 2013 bis 2019
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