Sportsfreunde, stellt die Politiker vom Platz!

Die Politik-Akteure haben den ehrenamtlichen Vereinssport auf dem Spielfeld des Landessportverbandes (LSVS) massiv mit Füßen getreten. Die Sportverbände sollten jetzt ihren LSVS  neu aufstellen, ohne Politiker. Dies fordert nicht nur Transparency International. Analyse zum Start des Untersuchungsausschusses.

 

Seit knapp sechs Monaten kommen aus dem Sport-Politik-Saartoto-Geflecht um den LSVS immer neue Regelwidrigkeiten und persönliche Fehltritte der Akteure ans Tageslicht. In ihrer Gesamtheit lassen sie eine unsportlich-kriminelle Energie befürchten, die für eine öffentlich-rechtliche Sport-Organisation einmalig sein dürfte. Fast gegen das komplette LSVS-Präsidium und andere Beteiligte ermittelt die Staatsanwaltschaft. Zur Auffrischung der Erinnerung hier die unanständigsten Fouls der Politikertruppe und ihrer Ersatzspieler im LSVS-Präsidium.

LSVS-Sanierungsbedarf 24,5 Mio. Euro

Im Dezember letzten Jahres wird erstmals eine Lücke von 700.000 Euro im LSVS-Etat sichtbar.  Landtags- und Sportpräsident Klaus Meiser lässt seinen Hauptgeschäftsführer Paul Hans über die Klinge springen. Meiser hat wohl den Überblick verloren. Schon im Januar schätzt der Saarländische Steuerzahlerbund das Finanzloch auf 9 bis 15 Millionen Euro. Der Steuerzahlerbund stößt das Präsidium auch mit der Nase auf die LSVS-Satzung: Die Präsidiumsmitglieder sind für die Finanzangelegenheiten persönlich verantwortlich. Stand heute: Der Konsolidierungsbeauftrage Michael Blank beziffert den Sanierungsbedarf auf 24,5 Millionen; hinzu kommen 18,3 Mio. für laufende Kredite. Allein acht Millionen Euro fehlen für zugesagte Projekte der Sportplanungskommission. Peinlich: Dort sitzt das gesamte LSVS-Präsidium.


Keiner ahnte was: Der Bund der Steuerzahler und Sanierer Blank haben das Finanzdebakel  bis  2009 zurückverfolgt. In dieser Zeit beherrschte noch Gerd Meyer (Bildmitte) den LSVS und Saartoto in Personalunion.

Sportförderung nach Gutsherrenart

Saarlandinside macht Anfang Februar einen ominösen Verstärkungsfonds von 2,5 Millionen Euro publik, eine Art schwarze Kasse, aus der Präsident Meiser nach Gutdünken und ohne Rechenschaft abzulegen großzügig Spenden verteilt, u.a. Hunderttausende Euro Gehaltszahlungen an Profi-Sportler, wie an den vom FCS gekauften Tischtennis-Profi Patrick Franziska.  Brot und Spiele auf saarländische Art.

Vetternwirtschaft und Selbstbedienung

Jahrelanger laxer Umgang mit Toto-Millionen, die ausbleibende Kontrolle durch den Innenminister, und eine ahnungslos Entlastung erteilende Mitgliederversammlung – das fördert Gedanken an den eigenen Vorteil, falsch: nach einem zustehenden Ausgleich für die zeitraubende Plackerei im Ehrenamt. Erst recht, wenn Liebe im Spiel ist: ein Nebenjob für Meisers Lebensgefährtin und Vorzimmerdame im Landtag, Nebenjobs für seinen Bruder und seinen Sportkumpel beim FCS. Meiser sponsert auch seinen Verein „Wir im Verein mit dir“. Sein SV Quierschied (Vorsitzender: Meiser-Sohn Christian) bekommt für einen Aufenthalt an der Sportschule nebst buntem Abend keine Rechnung vom LSVS. Wert: 5.000 Euro.

Wahlkämpfe mit Sport-Geldern

Vor der Landtags- und Bundestagswahl im letzten Jahr verknüpfen CDU und SPD Spenden an Vereine geschickt und systematisch mit Wahlkampfauftritten von Kandidaten. Ein Beispiel aus der Endphase des Bundestagswahlkampfs im August letzten Jahres: CDU-Bundestagskandidat Markus Uhl darf zum Vereinsgeburtstag der St. Ingberter Schützen deren Tradition loben und LSVS-Präsident Klaus Meiser überreicht einen Scheck. Uhl gewann den Wahlkreis knapp und wurde Landesgeschäftsführer. Weit mehr als hundert Mal ist ähnliches passiert.

Zu viel Personal und überhöhte Gehälter

Vom großzügigen Umgang mit Geld profitieren auch die Mitarbeiter des LSVS.  15 von ihnen beziehen Gehälter von mehr als 80.000 Euro, ein Spitzengehalt im öffentlichen Dienst. Erreicht wird dies durch üppige Zulagen. Hinzukommt, dass der LSVS im Bundesvergleich erheblich zu viel Personal beschäftigt, wie Saarlandinside ermittelt. Weitere Selbstbedienung in der Kantine der Sportschule:  Die LSVS-Mitarbeiter bekommen dort „All you can eat“, für 1,50 Euro. Die Kantine macht jährlich 700.000 Euro-Verlust.

„Kostengünstige“ Geburtstags-Fete?

Wer sich am System bedient, gewährt auch anderen Vorteile, das relativiert den eigenen Fehltritt. Zum 70. Geburtstag von Innenminister Klaus Bouillon (CDU) das Angebot des Präsidiums: Übernahme der Getränkekosten der mehr als 250 Gäste, natürlich aus der LSVS-Kasse. Bouillon drängt nach eigenen Angaben nach dem Hochkochen des LSVS-Skandals zum Jahresanfang auf eine Rechnung, zahlt 1.500 Euro. Insgesamt kostet die Feier mehr als 13.000 Euro. Bouillon muss dem Staatsanwalt erklären, warum er nur 6.500 Euro gezahlt habe.

Staatliche Kontrolle hat versagt

Selbstbedienung, Missbrauch für parteipolitische Zwecke, die Unfähigkeit, die öffentlich-rechtliche Institution LSVS geordnet und gewissenhaft zu managen –  die Missstände im LSVS sind mit der systematischen Verquickung von Politik und Sport nicht ausreichend erklärt. Versagt hat auch die Kontrolle durch die Rechtsaufsicht des Innenministers. Bouillon ist als Saartoto-Aufsichtsratsvorsitzender und Rechtsaufsicht des LSVS selbst Element des parteipolitisch einträglichen Systems. Sein Staatssekretär Christian Seel steuert die Sportplanungskommission. Auch an einer Selbstkontrolle durch eine interne Revision, die die LSVS-Satzung ermöglicht, haben die Mitglieder des Präsidiums kein Interesse.

Pro Ehrenamt: „Ethik und Moral im Sport?”

Die Skandale um den LSVS nimmt die Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt zum Anlass, die Sport-Politik-Funktionäre mit dem Thema „Ethik und Moral im Sport“ zu konfrontieren. Die Hauptrednerin Silvia Schenk von Transparency International, Olympia-Teilnehmerin, ehemals Richterin und Präsidentin des Bundes deutscher Radfahrer, lässt kein gutes Haar an den saarländischen Verhältnissen. Machtmissbrauch der Politik im Sport sei „nicht nur saarlandtypisch, sondern auch international ein großes Problem,“ klagte sie im SR-Interview. O-ha! Das Saarland auf einer Ebene mit Durchstechereien in der FIFA oder im Antidoping-Kampf? Schenk: „Es kann doch nicht sein, dass keiner was gemerkt hat.“

„Neustart mit komplett neuer Führung“

Silvia Schenk fordert einen „kompletten Neustart des LSVS, mit einer ganz neuen Führung“. Der notwendige grundlegende Reformprozess habe wenig Erfolg mit Personen, die das alte System mitzuverantworten hätten. Seriöse Kandidaten, unbelastete Fachleute mit Finanzerfahrung für ein neues Präsidium gäbe es genug. Die Behauptung, Politiker würden von den Sportfunktionären für solche Jobs gesucht, hält Schenk „für eine Mär“.

Landtag soll Toto-Millionen kontrollieren

Jochen Flackus, stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses „System der Sportförderung“ will, dass  der Landtag das Millionen-Geschäft im Saarsport transparent kontrolliert (Anmerkung: wie in anderen Bundesländern); bisher entscheidet ein kleiner Kreis von Politik-Sport-Funktionären, welcher Verein wie viel Förderung erhält. Auch die Rolle der Saartoto-GmbH soll überdacht werden. „Saartoto gehört verstaatlicht,“ fordert der Saarbrücker Staatsrechtler Prof. Christoph Gröpl. Dann flössen die Toto-Millionen automatisch in den Landeshaushalt, in die Kontrolle aller Parteien.

Groko plant hinter verschlossenen Türen

Derweil suchen CDU und SPD hinter den Kulissen des Landtags im „kleinen Krisenstab LSVS“, wie sie das Politik-Sport-Feld weiterhin dominieren, gleichzeitig aber öffentlich einen Neuanfang darstellen können. Die Drahtzieher sind Christian Seel von der CDU, Bouillons rechte Hand, und Stefan Pauluhn, Fraktionschef der SPD. Pauluhn hat schon seine künftige Rolle im Sport-Politik-Klüngel gefunden. Ende 2019 laufen die Verträge der Saartoto-Geschäftsführer (224.000 Euro Grundgehalt, ohne weitere Vergünstigungen) aus. Dann will Pauluhn den SPD-Mann Michael Burkert beerben, so ein Gerücht aus den Fluren des Landtags.

„Der LSVS dient der Wahrung und Förderung der ethischen Werte im Sport“ (LSVS-Satzung)

Fazit: Die Misswirtschaft und der Macht-Missbrauch im LSVS und seinem Umfeld sind von gesellschaftlicher Relevanz. Sie sind systemisch, weil Politiker in ihrem Selbstverständnis auf Machterhalt aus sind und einflussreiche Positionen besetzen wollen. Die Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt hat Alarm geschlagen und deutlich gemacht, dass  bei Ethik und Moral in der Politiker-beherrschten Saarsport-Führung größter Handlungsbedarf besteht.

Die Anti-Korruptionsexpertin Silvia Schenk hat den saarländischen Vereinen und ihren Verbänden auch aufgezeigt, wie sie ihren Landessportverband retten können: In der LSVS-Führung müssen alle Personen ausgetauscht werden. Die Struktur ist so zu ordnen, dass Entscheidungen und Geldflüsse transparent dargestellt werden; eine effiziente interne Kontrolle soll Missbrauch verhindern. Der Neuanfang muss ein offener Prozess sein.

CDU und SPD beraten zurzeit hinter verschlossenen Türen, wie sie ihren Einfluss im Saarsport über den LSVS weiter sichern. Allein dies fördert den Verdacht, als wolle die Groko einen radikalen Neuanfang nicht zulassen.

Es liegt an den 48 Fachverbänden im LSVS und ihren knapp 2000 Vereinen, ob und wie sie den LSVS und den ehrenamtlich geführten Breitensport neu aufstellen. Der Untersuchungsausschuss des Landtags wird wohl noch weitere Missstände im Sport-Politik-Klüngel zutage fördern. Als Ergebnis dürfen die Saarsportler aber einen Plan für ein Sportpolitik und einen LSVS mit „ethischen Werten im Sport“ erwarten.

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