Teures „Energieland Saarland“: Haushalte können mehr als 2.000 Euro sparen

Saarländische Haushalte zahlen bundesweit mit die höchsten Energiepreise. Wer den Stromanbieter wechselt, kann je nach Wohnort im Jahr bis 750 Euro sparen, beim Gaswechsel sogar 2.000 Euro. Die Verbraucherzentrale rät zum Tarif- oder Anbieterwechsel.

Die jährlichen Stromkosten sind nach Thüringen in Baden-Württemberg und im Saarland hoch. „Im vergangenen Monat haben vor allem Grundversorger in Baden-Württemberg und im Saarland die Preise angehoben“, sagt Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie bei CHECK24.

Saarlandinside hat die Preise von 17 Strom- und 17 Gasversorgern im Saarland mit den günstigsten auf dem überregionalen Markt verglichen. Grundlage sind die Durchschnittsverbräuche der saarländischen Haushalte. Ergebnis: Das Kostensparpotenzial ist enorm.

Grundversorgung Strom: Saarländer können im Schnitt 630 Euro sparen

Am meisten können die Kunden sparen, wenn sie in der teuren Grundversorgung stecken. Im Schnitt liegen die Grundversorgerpreise in unserem Musterhaushalt (Durchschnittsverbrauch der saarländischen Haushalte von 3.321 kWh) bei rund 1.600 Euro, 66 Prozent über dem Mittel überregionaler Anbieter. Wer wechselt, spart 630 Euro. Bei den hochpreisigen TW Losheim, TW Saarwellingen, SW St. Wendel, Völklingen, Energie Saarlorlux und SW Wadern sind es sogar 700 bis 750 Euro. Laut Bundesnetzagentur steckt jeder vierte Haushalt – im Saarland mehr als 100.000 Stromhaushalte – in diesem Tarif.

Die meisten Grundversorger bieten hausintern Sonderverträge mit günstigeren Konditionen an. Aber die liegen im Schnitt immer noch 500 Euro oder 50 Prozent über den günstigsten Angeboten der Vergleichsportale.  

Info Grundversorgung bei Strom und Gas: Diesen Tarif zahlen vor allem unaufmerksame Verbraucher, die zum Beispiel zum ersten Mal Strom verbrauchen und keinen alternativen Energieversorger beauftragt, noch nie den Anbieter gewechselt oder sich beim Umzug nicht um einen Stromversorger gekümmert haben. Möglicherweise wurde auch der Wechsel wegen einer Bonitätsprüfung verweigert. Auch arme und einkommensschwache Haushalte mit Energieschulden sind häufig betroffen. 24 Prozent der Strom-Haushalte stecken in der Grundversorgung, 37 Prozent haben einen günstigeren Vertrag mit dem Grundversorger und 39 Prozent einen Vertrag mit einem überregionalen Energielieferanten (Bundesnetzagentur). 

Ersatzversorgung greift, wenn der aktuelle oder geplante Anbieter nicht mehr oder, anders als geplant, doch noch nicht liefern kann. Zum Beispiel wenn Zählerdaten vom Netzbetreiber beim neuen Lieferanten nicht rechtzeitig ankommen. Bei solchen Problemen langen einige Saar-Versorger mit hohen Preiszuschlägen zu.

Der Gasverbrauch ist im Saarland hoch. Dies liegt an der hohen Pro-Kopf-Wohnfläche und an der schlechten Wärmedämmung.

Hohe Gaspreise: Alternative Gasanbieter konkurrenzlos günstig

„Die Gaskosten explodieren“, hat Check 24 vor Kurzem gemeldet. Grund sind die wieder auf 19 Prozent gestiegene Mehrwertsteuer und der um 26 Prozent gestiegene Börsenpreis. Ein Preisvergleich lohnt sich vor allem für die rund 200.000 Gas-Haushalte im Saarland. Ein Tarif- oder Anbieterwechsel bringt viel Geld in die Haushaltskasse. In unserem Musterhaushalt (Durchschnittsverbrauch 20.600 Kilowattstunden, Verivox) liegen die Preise lokaler Anbieter 77 Prozent über dem Mittelwert der günstigsten überregionalen Anbieter. Bei einem Wechsel sind durchschnittlich 1.350 Euro Einsparung drin, bei den teuersten Lokalanbietern sogar zwischen 1.700 und 2.000 Euro. 18 Prozent der Kunden in Deutschland stecken in diesem Tarif (Bundesnetzagentur).

Beim „Hauslieferanten“ Preisnachlässe

Auch beim Gas können die bisherigen Kunden in der Grundversorgung in den meisten Fällen beim selben Versorger einen günstigeren Sondervertrag aushandeln. 47 Prozent der Kunden in Deutschland haben dies bereits getan. Aber auch zwischen den günstigeren Tarifen der Saar-Anbieter und den Angeboten der Vergleichsportale liegen Welten, im Schnitt ca. 1.000 Euro. Selbst bei einem Wechsel von den ermäßigten Preisen der kommunalen Betriebe wie SW Saarlouis, TW Saarwellingen und Losheim, SW Wadern, SW Sulzbach zu einem überregionalen Anbieter kann die Gasrechnung um 1.200 bis 1.300 Euro im Jahr niedriger sein.

Verbraucherzentrale: Anbieterwechsel lohnt sich
Die Verbraucherzentrale des Saarlandes rät, auf Folgendes zu achten:
▪ Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter oder Tarif lohnt sich insbesondere für Kunden in der Grundversorgung. Tipps:
▪ die Vergleichsportale nutzen; die dort voreingestellten Filter verändern.
▪ über den neuen Anbieter informieren (dies bieten auch die Vergleichsportale an), bevor ein Vertrag abgeschlossen wird.

Warum Strom und Gas im Saarland so teuer sind

Hohe Beschaffungskosten: Im „Energieland Saarland“ haben Versorger langfristige, d.h. ungünstige Lieferverträge abgeschlossen und an der Börse ungünstig eingekauft.

Hohe Netznutzungsentgelte: Die Kosten der Energieverteilung liegen laut einem Gutachten der Verbraucherzentrale Bundesverband bei mehr als 20 Prozent der Stromrechnung. In Völklingen sind es knapp 30 Prozent, auf den saarländischen Durchschnittsverbrauch umgelegt macht dies 400 Euro aus. Vor zehn Jahren waren es noch 240 Euro. Außer in Kirkel und Merzig liegen die Netznutzungsentgelte deutlich über dem Bundesmittel (Bundesnetzagentur).

Dabei müssten in dicht besiedelten Gebieten die Netznutzungsentgelte geringer sein als auf dem flachen Land, da dort die Kosten auf weniger Verbraucher umgelegt werden. Saarlandinside hat den Verband der Energie- und Wasserwirtschaft (VEW-Saar) um Aufklärung gebeten. Bisher ist keine Antwort eingegangen. Eine Erklärung könnte sein, dass die Kosten für jahrelang aufgeschobene Unterhaltung und Sanierung aufgelaufen sind.

Gewinne für den kommunalen Haushalt: Die VSE, an der mehrere Städte und Gemeinden beteiligt sind, hat mehr als 20 Millionen Euro Gewinn gemacht (2021). Der Stadtwerke-Konzern in der Landeshauptstadt eben so viel. Knapp fünf  Millionen Euro erhielten sie aus der Beteiligung an Energie Saarlorlux, knapp 18 Millionen von der Stadtwerke Netz. Da sind schon die Verlustübernahme von 15 Millionen Euro der Saarbahn und knapp drei Millionen der Bäder GmbH schon verrechnet. Strom- und Gaskunden subventionieren also Schwimmbäder und ÖPNV.

Konzessionsabgabe: Dafür, dass die Energieversorgungsunternehmen öffentliche Wege und Flächen für die Durchleitung der Energie nutzen dürfen, zahlen die Verbraucher ebenfalls. Die Landeshauptstadt z.B. kassiert dafür knapp 11 Millionen Euro

Hohe Verwaltungs- und Betriebskosten: Die kommunalen Versorger sind teilweise parteipolitisch personalisiert, in ihren Aufsichtsräten sitzen Kommunalpolitiker. Keine guten Voraussetzungen für besondere Leistungsfähigkeit und agiles Marktverhalten. Überregionale Anbieter hingegen arbeiten in der Regel mit hochentwickelten Softwarelösungen, hohem Automatisierungsgrad und schlanken Prozessen. Die Bearbeitung von Kundenanliegen sind optimiert. Das senkt die Kosten enorm.

Im Saarland fließen noch lokale Besonderheiten in die Preisgestaltung ein. Beispiel „my Stadtwerke Völklingen“, einer der teuersten Strom- und Gasversorger im Land: Deren Kunden zahlen noch zehn Jahre nach dem 20 Millionen-Euro-Fiasko Fischzucht immer noch für die politisch verschuldete Misswirtschaft der Stadtwerke.

Quellen:
Online-Informationen, Preisblätter und Auskünfte der saarländischen Energieversorger
Auswertungen der Vergleichsportale Check24 und Verivox
Bundesnetzagentur Monitoringbericht 2023
Verbraucherzentrale Saarland: So läuft der Anbieterwechsel bei Strom und Gas ab