Vernichtendes Urteil des Rechnungshofs über das Landesinstitut für präventives Handeln

Landesinstitut für präventives Handeln, kurz LpH – nie gehört? Das stellte auch der Landesrechnungshof fest, als er die Einrichtung in St. Ingbert untersuchte und monierte: Das 2018 vom Sozialministerium zum Landtag (!) gewechselte LpH kannte in der Öffentlichkeit so gut wie niemand. Zudem führte es im Verborgenen ein ziemlich unkontrolliertes Dasein.

Aus grundsätzlichen Überlegungen der Gewaltenteilung und wegen gravierender Mängel fordert der Rechnungshof, die Dienst- und Fachaufsicht von der Legislative Landtag wieder zurück in den Bereich der Exekutive, der Landesverwaltung, zu überführen. Aufgeschreckt durch diesen Bericht versprachen alle Beteiligten Besserung. Vieles sei auf einem guten Weg. Doch auf Nachfrage beim Landtag mit seinem Präsidenten Stephan Toscani (CDU) an der Spitze heißt es jetzt: Veränderungen seien nicht – wie im Rechnungshofbericht festgehalten – zum Ende dieser, sondern frühestens zur nächsten Legislaturperiode geplant. Also 2022, jedenfalls nicht so schnell. Oder vielleicht auch gar nicht? Vielleicht auch deswegen, weil sich beim LPH CDU-Mitglieder besonders wohl fühlen?

27 bestbezahlte Mitarbeiter und wenig Output: Laut Landesrechnungshof müsste das Institut für präventives Handeln in St. Ingbert aufgelöst werden, wenn die Landesregierung die Einrichtung nicht völlig neu aufstellen will.
„Das LpH erfüllt seine Aufgaben nicht“

Der Anfang Oktober 2020 vorgestellte Bericht des Landesrechnungshofes für das Jahr 2019 listet schonungslos die festgestellten Mängel beim LpH auf. „Das LpH erfüllt die ihm gestellten Aufgaben (Anlaufstelle für alle Bürger, Vernetzung/Bündelung/Koordination/Durchführung von Präventionsmaßnahmen für Kinder/Jugendliche/junge Erwachsene, Errichtung einheitlicher Strukturen, Evaluation/Erfolgskontrolle, Weiterentwicklung der Prävention) in weiten Teilen nicht.“ Vernichtender kann eine Beurteilung für eine Einrichtung des Landes kaum sein.

Pöstchen und Aufträge nach Gutdünken vergeben

Die festgestellten Mängel waren in der Tat gravierend: Stellen wurden ohne Ausschreibung und nicht nach dem Prinzip der Bestenauslese besetzt, Aufträge nach Gutdünken vergeben, Dienstfahrzeuge großzügig benutzt; für Betriebsausflüge gab es Zuschüsse aus Steuergeldern, für Dienstreisen an die Ardèche in Südfrankreich wurden Honorarkräfte bezahlt, Polizeibeamte wurden entgegen gesetzlichen Bestimmungen über den Verein „Wir im Verein mit Dir“ verpflichtet.

LpH ein Paradebeispiel für Parteibuchwirtschaft

Wie konnte es zu solch einem Desaster kommen? Weil hier – kurz gesagt – saarländischer Klüngel und Parteibuchwirtschaft wieder mal Hand in Hand gingen. Eine entscheidende Rolle spielte der Anfang 2018 zurückgetretene Landtagspräsident Klaus Meiser, der gleichzeitig seit 2014 Präsident des Landessportverbandes war. Das LpH war 2009 aus der Taufe gehoben worden, mit Prof. Günter Dörr, Erziehungswissenschaftler und Medienpädagoge an der Pädagogischen Hochschule Weingarten an der Spitze, und Leo Meiser, einem Sonderpädagogen und Bruder von Klaus Meiser, als sein Stellvertreter. Darin quasi aufgegangen war der 2001 von Landesregierung und Landessportverband initiierte Verein „Wir im Verein mit dir“ (Vorsitzender: Klaus Meiser). In die gemeinsamen Projekte flossen Gelder aus Totomitteln. Alles fügte sich also prima zusammen.

Präventionserfolge lassen sich nicht überprüfen

Zunächst operierte das LpH unter dem Dach des Innenministeriums, in enger Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium, später wechselte es unter die Fachaufsicht des Sozialministeriums. Kein Wunder, dass in diesem Durcheinander einiges aus dem Ruder lief. Im LpH ist zudem bis heute eine Geschäftsstelle „Kommunale Kriminalprävention“ eingerichtet, die in Zusammenarbeit mit der Polizei für die Kontaktpflege und den Austausch mit den saarländischen Kommunen zuständig ist. Ziel soll es sein, zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls der Bürger und der Reduzierung des Kriminalitätsaufkommens beizutragen. Ob man dabei Erfolge erzielt hat, lässt sich kaum nachprüfen.

Landtagspräsident Stephan Toscani (CDU) hatte das Landesinstitut für präventives Handeln von seinem Vorgänger Klaus Meiser geerbt. Mehrere CDU-Mitglieder wurden im Institut untergebracht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

LpH ein Hort für CDU-Mitglieder

Feststellen lässt sich aber, dass sich im LpH etliche Beschäftigte mit CDU-Parteibuch sammelten. Zum Beispiel die Leichtathletin Shanta Ghosh, die 2004 und 2009 für den saarländischen Landtag kandidiert hatte. Die Psychologin ist u.a. zuständig für den Bereich der frühen Kindheit. Oder Christian Gläser, ehemaliger CDU-Landtagsabgeordneter, der die Bereiche Zentrale Dienste, Querschnittsaufgaben und Justiziariat verantwortet. Neuer Chef wurde 2019 Eric Planta, zuvor Leiter der Gemeinschaftsschule Schaumberg in Theley und Beisitzer im CDU-Vorstand Hasborn-Dautweiler.

Schon Klaus Meiser zog die Strippen

Die größte Veränderung aber war im Jahr 2017 eingeleitet worden. Landtagspräsident Klaus Meiser zog die Strippen für die Verlagerung des LPH von der Landesregierung zum Landtag. (Dass er den Vollzug zum 1.Januar 2018 nur noch wenige Monate im Amt überlebte, war Ironie des Schicksals.) Der Rechnungshof hält dies aus Gründen der Gewaltenteilung heraus für keine gute Idee, dass der Gesetzgeber zur Fach- und Dienstaufsicht einer solchen Behörde wird. Stienke Kalbfuss, Pressesprecherin des Landtags, dazu auf Anfrage: „Landtagsverwaltung und Landesregierung sind übereingekommen, eine Entscheidung über eine Umressortierung des LpH zu Beginn der neuen Legislaturperiode zu treffen.“ Im Rechnungshofbericht war vom Ende dieser Legislaturperiode die Rede. Da hätten die für dieses Desaster verantwortlichen Politiker auch gleich alles wieder ausbügeln können. So überlassen sie es dem nächsten Landtag und der nächsten Landesregierung.

Viel gutbezahltes Personal, wenig Output

Im aktuellen Doppelhaushalt 2021/2022 ist jedenfalls erst mal für Kontinuität gesorgt. Mit 21 Beamtenstellen, davon 14 im höheren Dienst, sowie sechs Angestelltenverträgen und einem Gesamthaushalt von 2,2 Millionen Euro kann das LpH bis Ende 2022 planen. Allerdings: Betrachtet man den Haushaltsplan genauer, fällt auf, dass von den 2,2 Millionen mehr als 2 Millionen Euro für Personalkosten und Mietkosten, Mietautos, Dienstreisen, Weiterbildung, Betriebsarzt und ähnliches verbraucht werden. Nur 135.000 Euro, gerade mal 6,2 (!) Prozent des Etats, fließen in die Präventionsarbeit des Instituts.

„Über eine Auflösung des LpH nachdenken“

Aber trotz aller vom Landtag verbreiteten Harmonie, dass man auf einem guten Weg sei und die Weiterentwicklung des LPH in Einklang mit dem Rechnungshof passiere, bleibt dessen Mahnung im Raum: „Politik und Regierung müssen entscheiden, ob der Weg, der mit der Errichtung des LPH ursprünglich verfolgt wurde, auch konsequent zu Ende gegangen werden soll. Falls ja, sind die hierfür erforderlichen Schritte konsequent umzusetzen. Falls nein, muss letztlich auch über eine Auflösung des LPH nachgedacht werden.“