Wie die Sparkassen-Bosse ihr Eigenkapital mehren

Die saarländischen Sparkassen-Bosse enthalten den Landkreisen und Städten Millionen vor, in dem sie unnötigerweise Eigenkapital aufhäufen und damit ihre Gehälter in die Höhe treiben. Ein Frankfurter Wirtschaftsprofessor ist ihnen auf die Schliche gekommen. Saarlandinside-Serie Teil 2 über fragwürdige Geschäftsgebaren.

Seit Jahren jammern die Sparkassenvorstände ihren Kontrolleuren im Verwaltungsrat eine schwierige Geschäftslage vor. Die Niedrigzinsphase drücke auf die Erträge. Und man müsse die Bankenkrise ist noch in den Köpfen – viele Millionen Euro dem Eigenkapital zuführen. Trotz dieser Probleme sei es aber gelungen, für die Landkreis-Kasse noch ein paar Millionen auszuschütten. Das hört sich alles prima an. Die Verwaltungsräte sind beeindruckt und nicken den Geschäftsbericht meist kritiklos ab.

Der Sparkassen-Experte und Professor für Finanzdienstleistungen an der Frankfurt University for Applied Sciences, Ralf Jasny, hat die Arbeitsweise und die Strategien der Sparkassen analysiert. Er rückt die Darstellung der Sparkassen-Bosse zurecht.

Niedrige Zinsen kein Anlass zum Jammern

Wenn die Sparkassen weniger Zinsen für Kredite bekommen, zahlen sie auch weniger Zinsen, Beispiel Sparverträge.  Die Differenz („Zinsmarge“) habe sich in den letzten Jahren bei den kommunalen Kreditanstalten im Gegensatz zu den Geschäftsbanken aber kaum geändert. Die Bundesbank berichtet sogar von insgesamt höheren operativen Erträgen der Sparkassen insbesondere durch lukrative Provisionen (z.B. Kontoführungsgebühren, Versicherungen, Aktienhandel). Zum Lamentieren bestehe also kein Anlass.

Analysiert seit Jahren die Fehlentwicklungen bei den deutschen Sparkassen: Prof. Ralf Jasny von der Frankfurt University of Applied Sciences. “Die Sparkassen entfernen sich immer mehr von ihrer gesetzlichen Aufgabe,” sagt er. Für Saarlandinside hat er saarländische Sparkassen unter die Lupe genommen.

Höheres Eigenkapital: höhere Vorstandsgehälter

Grundsätzlich sei die Vorsorge für die Zukunft ein ehrenwertes Ziel, sagt Jasny. Aber: Die meisten Sparkassen erfüllten seit langem alle verschärften gesetzlichen Vorgaben von 8 Prozent mehr als ausreichend. Die Eigenkapitalquote der Saar-Sparkassen liegt zwischen 15 und 17 Prozent. Sie ist Bemessungsgrundlage für die Gehälter, sozusagen für das persönliche Eigen-Kapital der Vorstände. Diese hätten also an einer dauerhaften Aufstockung des Eigenkapitals ein persönliches Interesse. Mehr Ausschüttung = weniger Eigenkapital = weniger Gehalt.

Vorstände geben Empfehlungen für ihr Gehalt selbst  

Zudem: Die Vorstandsverträge werden auf der Grundlage von Empfehlungen der Sparkassen- und Giroverbände geregelt, in deren Gremien wiederum die Sparkassen-Bosse sitzen. Jasny: „Wenn jemand de facto selbst über seine Bezüge entscheidet, ist es schwer, Maß zu halten.“ Dies begünstigt die Geldgier.

Geldgier ist männlich: Unter den Sparkassenvorständen in Deutschland sind 5 Prozent Frauen, unter den Führungskräften 26 Prozent. Hier Vertreter der Sparkassenfinanzgruppe Saar mit ihrer Verbandspräsidentin. 

Bosse profitieren von Gewerkschaftsabschlüssen

Wenn die Vorstände ihre Top-Gehälter gerne als für Bankenchefs üblich darstellen, so stellen sie sich andererseits als Kommunalbedienstete an, wenn es um Gehaltserhöhungen geht. Die richtet sich nach dem Verdi-Abschluss für die Sparkassen, die Verhandlungen laufen zurzeit. Würde der Abschluss für den öffentlichen Dienst übernommen, 7,8 Prozent für die nächsten drei Jahre, bekäme ein Vorstand mit 400.000 Euro Salär mehr als 30.000 Euro obendrauf, fast so viel wie das Durchschnittsgehalt des Saarländers.

Ein Viertel des Gewinns für Vorstandspensionen

Die Folge: Automatisch steigen auch die Pensionsrückstellungen. Bei der Sparkasse Saarlouis gehen 3,6 Millionen Euro in die Vorstandsversorgung (2017), bei einem Gewinn vor Steuern von 15,7 Millionen Euro. Jasny: „Wenn fast ein Viertel des Gewinns für die Altersversorgung der Vorstände draufgehen, dann ist das System nicht in Ordnung.“

Lesen Sie hier, wie üppig Sparkassenverbände Vorstände bei Gehalt und Altersversorgung ausstatten

Überzogene Vorsorge verhindert Ausschüttungen

saarlandinside hat Prof. Jasny die Bilanz 2017 der Sparkasse Saarlouis vorgelegt. Ihm sind auf Anhieb weitere Ungereimtheiten aufgefallen: 56 Millionen Euro haben die roten Bänker in den Fonds für allgemeine Bankrisiken zur Erhöhung des Eigenkapitals gesteckt. Die Vorstände hätten diese eigentlich nicht erforderliche Zuführung zum Risikofonds besser als Gewinn ausweisen und dem bettelarmen Landkreis Saarlouis ausschütten sollen.

Millionen fehlen für Bildung und Soziales

In der Tat hätte der Landkreis mit den zusätzlichen Millionen Schulen auf Vordermann bringen oder Sozialaufgaben finanzieren können. 2017 haben alle Saar-Sparkassen insgesamt 76 Millionen Euro in den Bankenfonds gezahlt. Nebenbei: Im kürzlich vorgelegten Finanz- und Sozialgutachten über die saarländischen Landkreise haben die Gutachter ermittelt, dass die sechs Sparkassen insgesamt 1,2 Millionen Euro mehr ausschütten könnten. Mehr haben die Landräte offenbar nicht zugestehen wollen.

Kommunal-Banken agieren wie die Hedgefonds

Eine besorgniserregende Entwicklung sieht Jasny: Die Sparkassen entfernten sich immer weiter von ihrem gesetzlichen Auftrag. Sie sollen die Menschen und Unternehmen der Region mit Krediten versorgen. Im Kampf um mehr Rendite treten sie aber immer stärker am Kapitalmarkt auf und gehen dabei Risiken ein, agieren wie Hedgefonds. Die Saarlouiser investierten in 2017 ca. 770 Millionen Euro in Aktien und nicht festverzinsliche Wertpapiere, knapp 20 Prozent der Bilanzsumme. „Bei einer Rendite von 2,3 Prozent müssen da beträchtliche spekulative Risiken drinstecken“, warnt Jasny. Zum Vergleich: Die sicheren Bundesanleihen bringen 0,05 Prozent.

Millionen bei Zinsspekulationen verloren

Ein ehemaliger Investmentbänker aus dem Saarland, der nicht genannt werden will, sieht weitere Risiken bei den Spekulationen der Sparkassen mit Zinsswap-Geschäften (Damit sichern die Banken festverzinsliche Kredite durch variabel verzinste Kredite ab, in der Hoffnung, dass der variable Zins höher liegt und sie dadurch unterm Strich Gewinn machen). Die Sparkasse Saarlouis hat sich in den letzten Jahren dabei verspekuliert. Sie musste riskante Zinsswap-Verträge vorzeitig auflösen, deswegen in drei Jahren 22 Millionen Euro in den Wind schreiben. Auch andere Saar-Sparkassen melden solche Spekulationsverluste. Die mit Politikern besetzten Verwaltungsräte der Sparkassen scheint das nicht zu stören.

Die Wirtschaftsprüfer aus dem eigenen Haus

Bei den Sparkassen im Saarland kommen sogar die Wirtschaftsprüfer aus dem eigenen Haus. Die hauseigene Prüfungsstelle des saarländischen Sparkassen- und Giroverbands prüft die Bilanzen und bescheinigt den Vorständen ordnungsgemäßes Wirtschaften. In diesem Verband haben – siehe Thema Vergütungsempfehlung – die Vorstände der Sparkassen das Sagen. Die Prüfstelle sagt aber, dass sie „keinen Weisungen der Verbandsorgane unterliegt.“

Und wie kommen die Kontrolleure der Sparkassen, vor allem die Landtagsabgeordneten und Kommunalpolitiker in den Verwaltungsräten der Sparkassen, ihrer Aufgabe nach? Dies untersucht Saarlandinside in der nächsten Folge.

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