Wie Lokal-Politiker Milliarden-Geschäfte der Sparkassen kontrollieren

20 Milliarden Euro Bilanzsumme: Die sechs Sparkassen sind die kapitale Macht im Land. Der Skandal um verweigerte Prämienspar-Zinsen wirft die Frage auf: Wie vertreten die Sparkassen-Kontrolleure überhaupt die Interessen der Kunden? 

Fünf Saar-Sparkassen sind öffentlich-rechtliche Unternehmen der Landkreise, die Sparkasse Saarbrücken gehört dem Regionalverband und der Landeshauptstadt. Die Sparkassen vergeben 13,5 Milliarden an Krediten und vermehren auch Spareinlagen ihrer Kunden in dieser Größenordnung. Verwaltungsräte sollen die Milliardengeschäfte der Sparkassen und ihre Strategien überwachen. Die Kreistage bestimmen zwei Drittel der Mitglieder, ein Drittel sind Sparkassen-Angestellte. 

Saarländisches Sparkassengesetz: Aufgaben des Verwaltungsrats

(1) Der Verwaltungsrat überwacht die Geschäftsführung des Vorstandes. Er ist über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. Er kann Berichte über alle Angelegenheiten der Sparkasse verlangen und die Unterlagen der Sparkasse einsehen; hiermit kann er einen Ausschuss oder einzelne seiner Mitglieder beauftragen.

Tiefes Verständnis des Bankgeschäfts vorausgesetzt

Die Mitglieder des Verwaltungsrats  sollen profunde Kenntnisse des Bankengeschäfts und in Finanz- und Kapitalmarktthemen mitbringen. Sie sollen sich mit regulatorischen Themen, Risikomanagement und Compliance-Themen auskennen. Insbesondere bei den „Parteibuch“-Mitgliedern, die mindestens ein Drittel des Verwaltungsrats stellen, ist diese Qualifikation nicht auf Anhieb erkennbar. Geschult werden sie in einem Tageskurs, ohne  Prüfung der Kenntnisse, so ein Teilnehmer.

“Vielen fehlt das Banken-Knowhow”

Nicht wenigen Mitgliedern fehle  das Knowhow, die komplexen Bankgeschäfte zu überblicken, klagt schon seit Jahren der Sparkassen-Kritiker Prof. Dr. Ralf Jasny von der Frankfurt University of Applied Sciences. Polizeibeschäftigter, Verkäuferin oder Verwaltungswirt seien zwar allesamt ehrbare Berufe, aber die Qualifikation zur Kontrolle komplexer Bankengeschäfte erschließe sich daraus nicht. 

Die finanzielle Abhängigkeit der Kontrolleure

Die Sitze im Verwaltungsrat sind dennoch heiß begehrt: Bei der Sparkasse Saarbrücken beispielsweise bekommen die Ratsmitglieder im Mittel 8.000 Euro im Jahr Aufwandsentschädigung, für eine Sitzung im Jahr. Die Tantiemen sind zudem ruhegehalts- und rentenfähig. Darüber hinaus bekommen die Mitglieder Kredite zu Bestkonditionen. Bei der Sparkasse Saarbrücken beispielsweise stehen die Sparkassen-Kontrolleure im Durchschnitt mit  176.000 Euro bei ihrer Sparkasse in der Kreide. Das birgt das Problem, dass die Kommunalpolitiker, die im Verwaltungsrat die Arbeit der Sparkassen-Vorstände kontrollieren sollen, durch ihre Schulden gleichzeitig an die Sparkasse gebunden sind. Den Vorsitz im Verwaltungsrat haben die Landräte, in Saarbrücken auch der Oberbürgermeister.

PR-Kassen für kommunalpolitische Werbung

Und diese nutzen die “roten Kassen” weidlich für Ihre kommunalpolitische Werbung. Ob Kunst oder Kirchen, Sport oder Stiftungen, häufig werden  kommunale, spendenfinanzierte Projekte von den Sparkassen bezahlt und nicht selten von Landräten und Bürgermeistern öffentlichkeitswirksam präsentiert. Mehr als 6 Millionen Euro aus der Sparkassen-Imagewerbung, verkündet Sparkassenpräsidentin Cornelia Hoffmann-Bethscheider auf ihrer Webseite, fließen jährlich “in unterschiedlichste Konzepte”.  Die Vergabe erfolgt quasi nach Gutsherrenart, ohne Richtlinien, ohne Kontrolle. Wer als Kulturschaffender, Verein oder Schule einen Zuschuss aus diesem mit öffentlichen Geldern gefüllten Topf will, kommt ohne Wohlwollen von Landrat, Bürgermeister oder Verwaltungsrat selten aus.  

Sparkassen prüfen ihre Finanzen quasi selbst

Auch die Überprüfung der Jahresabschlüsse erfolgt quasi im eigenen Haus. Ob die Bilanzen der sechs Sparkassen nach Gesetz und Satzung in Ordnung sind, darüber befindet die Prüfungsstelle beim Mutterhaus, dem Sparkassenverband Saar. Vorsitzende der Prüfungskommission sind dort zur Zeit die Vorstände der Kreissparkasse St. Wendel, Dirk Hoffmann, und der Kreissparkasse Saarpfalz, Armin Reinke. Die Überprüfung der Geschäftsberichte wird nicht nach außen vergeben.

Fazit: Ein Konstrukt der politischen Kaste

Prof. Jasny fordert seit Jahren, dass die Verwaltungsräte – wie bei allen anderen Kreditinstituten auch – mit erfahrenen, unabhängigen Finanz-Experten besetzt werden.  Das System, die kommunalen Bankengeschäfte von Politikern kontrollieren zu lassen, die von Parteien und Krediten abhängig sind und häufig wenig Expertise einbringen, ist ein Konstrukt der politischen Kaste. Alle haben einen Vorteil davon: Die Vorstände können uneingeschränkt agieren, die Verwaltungsräte haben finanzielle Vorteile und die Landräte und Bürgermeister einen verlässlichen Sponsor für ihre PR. Und damit niemand diese lokalen Wohlfühl-Oasen stören kann, hat der Landtag das System für alle Zeiten im Sparkassengesetz festgeschrieben. 

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Quellen:
Geschäftsberichte der saarländischen Sparkassen 2019
Saarländisches Sparkassengesetz
Finanzgruppe Sparkassenverband Saar: Zahlen-Daten-Fakten
Bei uns gibt`s viel für viele

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