Wie OB Britz ihren Feuerwehrchef verfolgt

Feuerwehrskandal und kein Ende. Wie ein Feuermann  mit der Drehleiter spielt und  Schaden anrichtet. Ein anderer schläft bei einer Alarmierung einfach weiter. Feuerwehrchef Schun will solche Missstände abstellen. Die Stadt verfolgt ihn aber mit Prozessen. Saarlandinside-Serie Teil 3.

Saarlandinside werden nach den ersten Berichten weitere Insider-Informationen zugespielt. Wir haben sie überprüft. So ist es bei einem nächtlichen Alarm vorgekommen, dass einer der diensthabenden Feuerwehrmänner im Bett liegen bleibt. Seine Begründung: er habe am nächsten Tag einen wichtigen Termin. Seine Kollegen müssen ohne ihn ausrücken, obwohl der Langschläfer-Feuerwehrmann aufgrund seiner speziellen Ausbildung für diesen Einsatz dringend notwendig gewesen ist.

„Spielen“ mit der Drehleiter kostet 140.000 €

Im Juni 2015 kommt ein Feuerwehrmann auf die Idee, auf dem Gelände der Feuerwehrwache eigenmächtig die Drehleiter zu „testen“, obwohl er dafür gar keine Ausbildung hat und gewisse Funktionen bei der Bedienung untersagt sind. Aufgrund seiner Fehlbedienung verhakte sich der Rettungskorb am Übungsturm. Er fährt dennoch die Drehleiter mit Gewalt und mit „Notbetrieb“ wieder ein. Dabei wird die Leiter massiv verbogen und der Rettungskorb ist kaputt. Der Schaden: rund 140.000 Euro. Die Drehleiter fällt für längere Zeit aus. Der Mitarbeiter hat keine Befugnis, keinen Auftrag und auch keinen Grund, sich an der Drehleiter zu betätigen. Außerdem verstößt er gegen bestehende Dienstanweisungen zur Bedienung der Drehleiter. Die Kosten für die Reparatur übernimmt der Steuerzahler.

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Josef Schun (links) und OB Britz nehmen Aufstellung vor der Berufsfeuerwehr.

Kinderpornos auf Dienst-Computer

Bei einem anderen Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr werden Porno-Aufnahmen mit Kindern auf dem Dienst-PC entdeckt. Nach den Saarlandinside vorliegenden Informationen wurde er dafür strafrechtlich belangt. Feuerwehrchef Schun habe laut eines Insiders auch disziplinarische Konsequenzen gefordert. Die Feuerwehrleute diskutieren, dass man einem Feuerwehrmann in gefährlichen Situationen unter Umständen auch Kinder anvertrauen können muss. Der Personalrat der Stadt bügelt die Versetzung ab. Nach einem hauseigenen „Mediations“-Verfahren bleibt der Mann auf seiner alten Position.

Städtisches Personalamt bremst Schun

Schun soll bei mehreren Dienstvergehen und weiteren haarsträubenden Vorfällen versucht haben, disziplinarisch vorzugehen. Vergebens. Offensichtlich gelingt es den unwilligen Feuerwehrleuten, den städtischen Personalrat und die städtische Personalleitung für sich zu instrumentalisieren. Denn obwohl in allen Fällen ein drastisches Fehlverhalten der Feuerwehr-Mitarbeiter vorliegt, wird Feuerwehr-Chef Schun vom Personalamt der Stadt ausgebremst.

Saarufer-Brand Anlass, Schun loszuwerden?

Mit dem tragischen Brand an der Saaruferstraße im Dezember 2017 (siehe Saarlandinside vom 16. Mai 2019) wittern die sich gegängelt fühlenden Feuerwehrleute anscheinend ihre Chance, um den Chef loszuwerden. Ihnen springt die Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) zur Seite. Die DFeuG ist eine erst 2011 gegründete Verdi-Konkurrenz; sie muss sich profilieren. Der saarländische Landesverband vertritt faktisch nur die Interessen der Saarbrücker Feuerwehrleute, da es ansonsten im Saarland keine Berufsfeuerwehr gibt.  

Presseerklärung mit falschen Angaben

Der Einsatz ist noch gar nicht beendet, da verschickt deren Landesvorsitzender Detlef Schütz bereits eine Pressemitteilung. Darin unterstellt er, die Feuerwache wäre zum Zeitpunkt des Einsatzes nicht zu hundert Prozent besetzt gewesen. Für die Einsatzstärke und die Schlagkraft der Wehr vor Ort sei dies aber ohne Belang gewesen, sagen beim Einsatz beteiligte Feuerwehrleute. Es wären auch überalterte Fahrzeuge zum Einsatz gekommen und der Ausfall der Drehleiter hätte die Menschenrettung behindert, sagt Schütz. Der Ausfall der Drehleiter ist bis heute ungeklärt. Zu einem späteren Zeitpunkt wird Benzin anstatt Diesel im Tank des Drehleiterfahrzeugs gefunden. (Siehe Saarlandinside vom 16.05.2019). Alle anderen Behauptungen sind durch Experten-Aussagen im Innenausschuss des Landtags widerlegt.

Personalamt liefert anonyme Vorwürfe

Neun Tage später suspendiert Oberbürgermeisterin Britz Schun von seinem Amt. Ihre Begründung: angebliche Fehler bei Schuns Einsatzleitung während des Brandes am Saarufer. Wie das saarländische Verwaltungsgericht am 1. März 2019 feststellt, war diese Entscheidung rechtswidrig. Grundlage für die Amtsenthebung durch Britz war ein Gedächtnis-Protokoll des Personalamtes mit anonymen Vorwürfen von 14 Feuerwehrleuten. Bei dem Papier hatte auch der Personalrat mitgeschrieben. Anonym und ohne Substanz – damit könne die Stadt ein angebliches Fehlverhalten Schuns nicht belegen, so das Gericht.

Schun in “evident sachwidriger Weise” verfolgt

OB Britz lässt nicht locker, schiebt 40 fast gleichlautende eidesstattliche Versicherungen nach. Die Unterzeichner sagten, während der vorübergehenden Versetzung Schuns  hätten sie ein “angstbefreites Erleben des Arbeitsalltags” gehabt. Das Verwaltungsgericht zieht nach mehr als einem Jahr Prozesstreiberei durch die Stadt am 9. April 2019 einen Schlussstrich. Die eidesstattlichen Versicherungen seien “unsubstantiiert” und “rechtlich irrelevant”.  Insgesamt seinen alle bisher vorgetragenen Vorwürfe gegen Schun widerlegt. Die Richter stellen die Frage nach dem “Ermessensmissbrauch” durch die Verwaltungsspitze. Fazit: Die Stadt hat Schun “in evident sachwidriger Weise” verfolgt, sagt das Gericht. 

Die Stadt zieht weitere Register

Britz weigert sich dennoch der Gerichtsentscheidung nachzukommen und Schun wieder als Feuerwehr-Chef einzusetzen. Mit einem weiteren Beschluss wird sie nun am 9. April vom Verwaltungsgericht dazu verurteilt, ihn wieder in seine ursprüngliche Funktion zurückzuversetzen. Die Richter zitieren dabei unter anderem ein von Britz und der Stadtverwaltung beauftragtes Gutachten, indem sie Schuns Fehler durch einen Sachverständigen belegen möchte. Aber das Gutachten kann bei seiner Einsatzleitung am Saarufer nur einen Fehler finden: Schun hatte eine falsch beschriftete Warnweste an.

Die Argumente gehen aus

Da Britz und ihrer Verwaltung nun die Argumente ausgehen, wird ihr Stellvertreter Bürgermeister Ralf Latz vorgeschickt.  In einem SR-Fernseh-Interview teilt er am 17. April mit, dass man das Verfahren weiter betreiben werde und neue Argumente dem Gericht vorlegen werde. Die brauchen Britz und Co. auch dringend, um in dem noch ausstehenden Hauptverfahren nur halbwegs ihr Gesicht zu wahren. Anfang Mai schickt Britz Schun als gutbezahlten Praktikanten zur Berufsfeuerwehr nach Dortmund. Damit hat sie kurz vor der Oberbürgermeisterwahl erst einmal Ruhe vor weiteren kritischen Fragen der Presse.      

Fazit: Oberbürgermeisterin Britz und ihr Bürgermeister Latz, der den eigentlich in Sachen Berufsfeuerwehr zuständigen Dezernenten Schindel aus dem Verkehr zieht, lassen offenbar Feuerwehr-Mitarbeiter, die gegen Gesetze und Dienstanweisungen verstoßen und dabei großen Schaden anrichten, in Ruhe. Andererseits gießen sie in Sachen Schun weiterhin Öl ins Feuer. In seiner Entscheidung vom 9. April 2019 stellt das Verwaltungsgericht fest, „die Antragsgegnerin [Oberbürgermeisterin, Anmerkung der Redaktion] hält in mittlerweile evident sachwidriger Weise an ihrer Entscheidung zur Wegsetzung des Antragstellers [Schun, Anmerkung der Redaktion] fest. Vom angeblichen Fehlverhaltens Schuns hat kein einziger Vorwurf Bestand.

Quellen:  
Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in der Sache Schun gegen Stadt Saarbrücken    

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