Krebsatlas Saar: Die Orte mit niedrigen und hohen Krebsraten

21.000 Saarländer sind aktuell krebskrank. In einigen Gemeinden trifft die Krankheit fast dreimal so viele Menschen wie in anderen. Der Saarlandinside Gesundheitsreport Teil II nennt die Orte mit geringem und hohem Krebsrisiko.
Eine Krebszelle wuchert auf gesundem Gewebe.

Zum Saarlandinside-Gesundheitsreport

Im Gesundheitsreport Teil I hat Saarlandinside die Gesundheitsdaten von Behörden und Krankenkassen bundesweit analysiert. Die Quintessenz aus Daten zu Krebs-, Stoffwechsel-, Herz- und Psycho- und orthopädischen Erkrankungen ist: Die Saarländer sind die kränksten Deutschen.

Im aktuellen Gesundheitsreport Teil II geht es speziell um das Thema Krebs. Das Saarland ist bei bösartigen Erkrankungen bundesweit am stärksten belastet. Der Bericht nennt die Gemeinden mit den höchsten und niedrigsten Krebsraten.

Der Gesundheitsreport Teil III stellt die Frage, inwieweit die hohen Krebsraten mit der persönlichen Situation und dem Lebensstil der Menschen hierzulande zusammenhängen.

Medizinische Gesundheit ist auch soziale Gesundheit.

Der Gesundheitsreport Teil IV untersucht die Zusammenhänge zwischen sozioökonomischen Gegebenheiten und Krebsauffälligkeiten.

Der Gesundheitsreport Teil V befasst sich mit der Krebsrisiken durch die besonderen Umweltbelastungen im Saarland.

Diagnose Krebs. Etwa 11.000 Saarländer und 10.000 Saarländerinnen sind zur Zeit von diesem Schicksalsschlag getroffen. Knapp 8.000 erkranken jedes Jahr neu, 3.165 sind 2020 daran gestorben. „Jeder zweite von uns kriegt leider eine Krebserkrankung im Laufe des Lebens“, sagt Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg. Jeder fünfte Krebskranke stirbt innerhalb von zehn Jahren (Robert-Koch-Institut, RKI).

Saarland hat das höchste Krebs-Risiko

Die Gefahr, bösartig zu erkranken, ist in keinem Bundesland so hoch wie im Saarland. Das Land hat bundesweit die höchsten Inzidenzen (Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr), Männer und Frauen und alle Krebsarten zusammengerechnet. Die Frauen hierzulande erkranken im Bundesvergleich am häufigsten an bösartigen Neubildungen an Lunge, Genitalorganen, Darm und Knochenmark. Die Saar-Männer stehen bei Lungen-, Darm- und Gallenkrebs an der Spitze. Sehr hohe Inzidenzen liegen auch bei den nicht so häufig vorkommenden Malignomen an Kehlkopf und im Weichteilgewebe vor (RKI).

Perl ist die gesündeste Gemeinde des Landes

Wo im Saarland ein geringes oder hohes Krebsrisiko vorliegt, hängt offenbar vom Wohnort ab. Die Menschen aus der grünen, ländlich geprägten Nordhälfte des Landes sind am ehesten gegen bösartige Geschwulste gefeit. Dies spiegelt sich im Krebsatlas Saar wider, der die Daten nach dem Wohnsitz der Patienten erhoben hat. So haben die Städte und Dörfer in den Kreisen Merzig-Wadern und St. Wendel bis auf Weiskirchen im Landesvergleich die niedrigsten Inzidenzen. „Am gesündesten“ leben die 7500 Bürger in der Mosel- und Weingemeinde Perl. Die Krebserkrankungsrate der Perler liegt 40 Prozent unter dem saarländischen Durchschnittswert, bei den Perlerinnen um 20 Prozent. Das sagen die Zahlen des Saarländischen Krebsregisters für insgesamt 43 Krebsarten (ausgenommen heller Hautkrebs), im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019.

Mandelbachtal und Spiesen-Elversberg sind die Krebs-Hotspots

Die bösartigen Neubildungen treffen am häufigsten die Männer im Industrie-Dreieck Dillingen-Neunkirchen-Saarbrücken (siehe Karte) und, ausgenommen Homburg, im Bliesgau. Hier haben die Gemeinden bis auf wenige Ausnahmen hohe bis höchste Krebs-Belastungen. Die negativen Spitzenreiter sind Mandelbachtal, Spiesen-Elversberg, Großrosseln, Merchweiler, Kleinblittersdorf und St. Ingbert. Die Saarlandinside-Grafik zeigt deutlich: Die Gemeinden mit hohen Geschwulsterkrankungsraten ziehen sich wie ein dicker Wulst um die Landeshauptstadt.

Bei den Frauen ist die lokale Verteilung der Krebshäufigkeit ähnlich. Die Inzidenz für den Krebs-Hotspot Spiesen-Elversberg liegt 50 Prozent über dem Wert von Perl. Für Spiesen-Elversberg hat das Krebsregister gleich für mehrere Tumorarten Höchstwerte ermittelt.

Drei von vier Tumoren bei Über60jährigen

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko. “Im Jahr 2019 sind rund drei von vier bösartigen Tumoren bei Männern und Frauen ab 60 aufgetreten, wogegen nur jede 20. Tumorerkrankung bei Männern und Frauen unter 40 Jahren festgestellt wurde“, sagt der Leiter des saarländischen Krebsregisters, Dr. Bernd Hollezcek. Das Saarland mit seinem hohen Seniorenanteil ist das älteste der Westbundesländer, hat also höhere Krebs-Fallzahlen. Die weiter steigende Überalterung der Bevölkerung wird die Krebsraten drastisch erhöhen.

Der Saarland-Trend bei Geschwulst-Erkrankungen

Holleczeck ist seit mehr als 20 Jahren Leiter des Krebsregisters. Er skizziert das langfristige Krebsgeschehen im Saarland so:
● Das Erkrankungsrisiko ist insgesamt leicht gesunken.
● Die Lungentumoren nehmen bei Männern ab, bei Frauen zu. Frauen haben früher nicht so stark geraucht.
● Hautkrebserkrankungen nehmen zu.
● Bei Darmkrebs sinken die Raten wegen besserer Vorsorge.
● Ebenso beim Gebärmutterhalskrebs wegen Früherkennung und Impfung.

Fazit: Ausgezeichnetes Monitoring soll Krebsprävention verbessern

Im Krebsregister Saarland sammelt das Gesundheitsministerium seit 1967 systematisch Daten über Krebserkrankungen nach Wohnsitz der Patienten. Es hat bundesweit eine Pionierleistung vollbracht und gilt heute wegen seiner Verlässlichkeit und Genauigkeit als Vorbild für die anderen Bundesländer. Das sagen Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI). Das Krebsmonitoring liefert den Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen die klinischen Daten, soll die Steuerung im Gesundheitswesen und die Krebsprävention verbessern.

Die Krebsmediziner betonen, dass Ursachen für bösartige Erkrankungen zum großen Teil in der individuellen Lebensweise und – Situation der Betroffenen liegen. Es gibt aber offenbar auch lokale Zusammenhänge: Das Krebsregister weist für die (ehemalige) Montanregion Dillingen-Völklingen-Saarbrücken-Neunkirchen die höchsten Inzidenzen aus.

Lesen Sie dazu den nächsten Teil des Saarlandinside-Gesundheitsreports über den Zusammenhang zwischen Krebs und den Lebensgewohnheiten der Saarländer.

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Quellen
Krebsregister Saarland (2022). Krebsatlas. Häufigkeit von Krebserkrankungen in den saarländischen Städten und Gemeinden 2010-2019. Saarbrücken.

RKI Krebs in Deutschland (2021)

Hinweis
Saarlandinside verwendet als Inzidenzen die tatsächlichen Fallzahlen einer Gemeinde pro 100.000 Personen pro Jahr. Dies bildet die Realität ab. Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl der Krebserkrankungen. Da Gemeinden unterschiedliche Altersstrukturen haben können, greifen die Statistiker zur „altersstandardisierten Inzidenzrate”. Die Fallzahlen werden so umgerechnet, als hätten alle Gemeinden die europaweit durchschnittliche Alterszusammensetzung. In einer überalterten Region wie im Saarland ergeben sich durch diese Methode geringere Inzidenzen als bei den tatsächlichen Fallzahlen. Beim Vergleich der beiden Methoden ändert sich im Trend aber wenig.