Seit 2018 haben die Parteien, getrieben von CDU und SPD, rund 160 Millionen Euro zu viel aus der Staatskasse genommen. Das Verfassungsgericht hat kürzlich geurteilt, dies sei verfassungswidrig gewesen (Az: 2 BvF 2/18). Ob die Parteien die 160 Millionen zurückzahlen, ist offen. Es ist damit zu rechnen, dass sie in eigener Sache ein Gesetz zur Parteienfinanzierung formulieren, mit dem sie sich rückwirkend schadlos halten.
Der Griff in die Staatskasse hat eine Vorgeschichte. Seit 2013 war die Gesamtsumme der staatlichen Parteienförderung gedeckelt, 2017 bei 165 Millionen Euro für alle Parteien. Bei der Bundestagswahl gingen der CDU und der SPD mehr als sechs Millionen Wähler und die entsprechende Wahlkampfkostenerstattung in zweistelliger Millionen-Höhe verloren.
Der 160 Millionen-Coup im Windschatten der Fußball-WM
Die Volksparteien brauchten Geld. Geld ist Macht. Die Geschäftsführer von CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, und Lars Klingbeil von der SPD ließen einen Gesetzentwurf auskungeln. AKK begründete den Mehrbedarf mit den teuren sozialen Medien und der Online-Betreuung der Parteimitglieder. CDU und SPD drückten das Gesetz innerhalb von zehn Tagen im Bundestag durch, gegen die Stimmen von FDP, Grünen, Linken und AfD. Der Coup war so getimt, dass eine öffentliche Diskussion darüber in der Aufregung der gerade angelaufenen Fußball-WM gar nicht erst aufkam.
Ironie des Schicksals: Ausgerechnet AKKs Ziehvater, Ministerpräsident a.D. Peter Müller, hat als Verfassungsrichter im 2. Senat den verfassungswidrigen Griff von AKK und Klingbeil in die Staatskasse mitverhandelt. Dem Verfassungsgericht war die Begründung von CDU und SPD „Mehrbedarf wegen neuer Medien“ zu dünn.
Peter Müller über Doppel-Wumms-Schulden
Verfassungsrichter Peter Müller sprach dieser Tage als „Privatmann“ vor der CDU in Mettlach über Phänomene in unserem Staat, die der Demokratie nicht guttun. Beispiel: die ausufernde Finanzpolitik der öffentlichen Hand.
„Das Maß an zusätzlicher staatlicher Verschuldung ist atemberaubend. Keiner redet darüber. Wumms, Doppel-Wumms, Sondervermögen, Bundeswehr, Wiederaufbaufonds EU, Transformationsfonds – klingt alles toll. In Wahrheit sind das alles Schulden.“
Und Schulden seien die Steuern von morgen, zitierte die SZ den Ministerpräsidenten a.D. Müller.
Der Transformationsfonds Saar für langjährige Versäumnisse
Womit wir beim „Transformationsfonds Saar“ wären, den drei Milliarden neuen Sonderschulden. Die Landesregierung will damit einerseits sehr profitable Unternehmen wie Wolfspeed mit mehreren Hundert Millionen Euro ins Saarland einkaufen. Andererseits will sie den seit vielen Jahren aufgelaufenen Investitionsstau in der Infrastruktur des Landes beheben. Ein Déjà-vu. Schon die 1,4-Milliarden-Verschuldung bei Corona hatten Rechtsgutachter als verfassungswidrig beurteilt. Das Geld war zum Großteil gar nicht für Corona verwendet worden, sondern für frühere politische Versäumnisse aus der Zeit lange vor Corona.
Rechnungshof warnt die Landesregierung
Annette Groh, Präsidentin des Saarländischen Rechnungshofs und Vorsitzende der Konferenz der deutschen Rechnungshof-Chefs, warnt laut SZ: Notlagenkredite dürften nicht auf Vorrat aufgenommen und beispielsweise in Sondervermögen oder Rücklagen geparkt werden.
„Sie dürfen außerdem nicht für allgemein wünschenswerte Maßnahmen oder versäumte Aufgaben aus der Vergangenheit eingesetzt werden,“ zitiert die SZ.
Die Minister und Landtagsabgeordneten haben es vielleicht gelesen und – die Schultern gezuckt. Ende der Diskussion.
Peter Müller kritisierte in Mettlach in seiner Grundsatzrede, es gebe allzu viele Dinge, über die nicht mehr gesprochen werden dürfe. Vieles werde unter den Teppich gekehrt. Müllers Vorwurf geht vor allem gegen die Medien.
Krebsatlas Saar: Die Inzidenzen aller Städte und Gemeinden
Saarlandinside ist kein Beschönigungsmedium. Wir berichten über Vorgänge und Sachverhalte, die für die Saarländer von Bedeutung sind. Beispiel ist der neue Beitrag über die Krebserkrankungen im Saarland. Saarlandinside hat dazu das saarländische Krebsregister ausgewertet. In manchen Orten werden die Menschen über die hohen Inzidenzen erschrecken, in anderen wiederum darüber erleichtert sein, dass sie und ihre Nachbarn weniger von bösartigen Schicksalsschlägen getroffen sind. Die Ergebnisse werfen wichtige Fragen auf.
Hier zum Artikel Krebsatlas Saar: Die Orte mit niedrigen und hohen Krebsraten
Ich wünsche eine angenehme Woche und blieben Sie optimistisch.
Ihr
Roland Lattwein