Verwahrlosung der politischen Sitten

Menschen in einem öffentlichen Amt haben sich bei Wahlen absolut neutral zu verhalten, sagt das Bundesverfassungsgericht. Ausgerechnet Bundesverfassungsrichter Peter Müller machte Wahlkampf für einen ehemaligen Referenten. Über die Verwahrlosung der Sitten.

Verfassungsrichter Peter Müller springt ein

Bei den Kommunalwahlen hatten einige Amtsinhaber Probleme, das verfassungsrechtliche Neutralitätsgebot einzuhalten. In Eppelborn griff sogar Bundesverfassungsrichter Peter Müller ein. Er lobte seinen früheren Staatskanzlei-Referenten Andreas Feld. Er verfüge „über ausgezeichnete Kontakte in die saarländische Landesregierung. Dies kann für die Gemeinde Eppelborn von großem Nutzen sein.“ Die Verhaltensleitlinien des Bundesverfassungsgerichtes schreiben den Richterinnen und Richtern vor, ihr Amt „in Unabhängigkeit und Unparteilichkeit“ auszuüben. Diese Regelung versucht Müller formal zu umgehen, indem er seine Wahlempfehlung mit „Ministerpräsident a.D.“ unterschreibt. Auf Anfrage von Saarlandinside sagte der Pressesprecher des Bundesverfassungsgerichts, er gebe “keine Stellungnahmen zum Verhalten von Bundesverfassungsrichterinnen oder Bundesverfassungsrichtern ab”.

AUSGEZEICHNETE KONTAKTE: Verfassungsrichter Peter Müllers Wahlwerbung für seinen ehemaligen Referenten.

Geld vom Land gegen Wählerstimmen

Noch eins deutet die Müller-Aussage an: Der Kandidat Feld bekomme mehr Geld von der Landesregierung, weil er für die CDU eintritt. Ähnliche Signale sendete die Landesregierung vor der OB-Stichwahl in Saarbrücken aus. Es entsteht der Eindruck von Käuflichkeit.

In Völklingen unverhohlene Parteinahme

Auch die Völklinger Oberbürgermeisterin Christiane Blatt engagierte sich auf Großplakaten für die Stadtrats-Kandidaten ihrer Partei. Sie stellte sich als zum SPD-Team gehörig da. In einer Anzeige Ludweiler machte sie für die SPD im Ortsrat Reklame: „Julian Becker, Christiane Blatt, Erik Kuhn, das beste Team für unsere Stadt“. In einem Leitfaden für den Wahlkampf von Bürgermeistern und Landräten heißt es dazu: „Amtsträger dürfen in amtlicher Tätigkeit nicht zugunsten oder zu Lasten eines Bewerbers in den Wahlkampf eingreifen. Ihnen ist es deshalb versagt, sich vor Wahlen in amtlicher Funktion mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren, sie zu unterstützen oder zu bekämpfen.“

EINE FÜR ALLES: Christiane Blatt, Oberbürgermeisterin, Wahlleiterin und Teamleiterin der SPD in Völklingen

Auch als Wahlleiterin parteiisch

Das Pikante im Fall Blatt: Sie fungierte in Völklingen auch als Wahlleiterin und in dieser Funktion hat sie sich erst recht parteineutral zu verhalten. Laut saarländischem Kommunalwahlgesetz gilt der Wahlleiter als Wahlorgan und darf damit keinen Einfluss bei der Stimmrechtsausübung nehmen. „Die Mitglieder der Wahlorgange (…) sind zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes (…) verpflichtet“.

Fazit: Dass selbst prominente Amtsinhaber wie Verfassungsrichter Müller sich bei Wahlen einmischen, ist keine Lappalie. Parteienvertreter tragen damit zur Verwahrlosung der demokratischen Sitten bei. Solche Verhaltensweisen müssen geahndet werden.  

Quellen:
Leitfaden für den Wahlkampf von Bürgermeistern und Landräten, Gockel/Ulbig/Voigt 2009
Verhaltensleitlinien für Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts, 2017
Saarländisches Kommunalwahlgesetz, 7.2.2019

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