Scheitert die erfolgreiche Saarmojis-Imagekampagne an 5000 Euro Förderung? 

Eine Designerin mit einer genialen Idee ist verzweifelt. Während die Staatskanzlei Tobias Hans in Wahlkampf-Szene setzt und das Wirtschaftsministerium seine Konkurrentin Anke Rehlinger für den ÖPNV oder den Tourismus ins rechte Licht rückt, wird eine Kampagne, die dem Saarland wirklich etwas bringt, die Saarmojis nämlich, wohl eingestellt, weil ein paar tausend Euro fehlen.

Müsste Zymryte Hoxhaj ihre Gefühle ausschließlich mit Hilfe von Emojis ausdrücken, dann würde das Gesicht im kleinen gelben Kreis sicher eine Augenbraue nach oben ziehen. Oder die Augen würden groß sein, der Mund ein kleiner Kreis.Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist do-schlaggerschde-mid-de-ohre-Kopie.jpg Vielleicht würde das gelbe Gesicht auch rot werden vor Zorn. Denn Zymryte Hoxhaj kann es nicht fassen, dass eine der, wie sie findet, „erfolgreichsten Saarland-Kampagnen, die es je gegeben hat“, bald eingestellt wird. 

 

Emojis nennt man die Piktogramme, die Gefühle zeigen, sie sind Hilfsmittel, mit denen man in Kurznachrichten oder Chats auf dem Handy oder dem Computer mit nur einem Symbol viel ausdrücken kann. Der Smiley, das lachende gelbe Gesicht, ist wohl das bekannteste Emoji. Inzwischen gibt es aber für alles Mögliche Symbole: Feuerwerk und Sektgläser symbolisieren Partylaune, kleine Bilder bilden Berufe, Lebensmittel, Pflanzen, Tiere ab. Die Zahl der Emoji-Symbole wächst ständig.

Vier Millionen mal verschickt

Dazu hat auch Zymryte Hoxhaj beigetragen. Die Designerin hat die sogenannten Saarmojis erfunden.  An diesem Sonntag sind es  genau vier Jahre, dass es die Saarmojis als kostenlose App gibt. Sie kommen in der Form von Lyonerringen daher, die krank, verliebt oder wütend wirken. Sie zeigen saarländische Wahrzeichen wie den Brunnen auf dem St. Johanner Markt, die Ludwigskirche, das Saarpolygon und die Saarschleife. Einige prominente saarländische Persönlichkeiten sind ebenso dabei. Es gibt auch Sprechblasen mit saarländischen Wortfetzen wie „Unn“, „Ei gudd“, „graadseläds“, „hauptsachguddgess“ oder „Ich hann Dich gääre“. Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist dasglaabschdeawer-web.jpgGut 350.000mal wurden die Symbole bisher von Menschen auf Handys und Computer geladen. Die Saarmojis wurden in den vergangenen knapp vier Jahren millionenfach verschickt, berichtet Zymryte Hoxhaj. Ihre Lieblings-Saarmojis sind eine Crémant-Flasche mit dem Schriftzug „Kremoo“ und gerade auch der wütend schauende Lyonerring.

„Ein bombastisches Medien-Echo“
Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist kremoo.gif

2018 haben Zymryte Hoxhaj und ihr Team die Saarmojis erfunden. Und haben damit ein Medienecho ausgelöst, wie es etwas, das aus dem Saarland kommt, selten geschafft hat. Nicht nur Medien, die sich mit Computern und Internet beschäftigen, haben über die Idee aus dem Saarland berichtet. Der Deutschlandfunk, die Deutsche Welle, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Die Welt, Die Zeit, Focus, einige regionale Radiosender und Online-Magazine haben berichtet. „Es war bombastisch“, erinnert sich Zymryte Hoxhaj. Selbst auf den Monitoren in den Bussen und Bahnen der Berliner Verkehrsbetriebe wurde von den Saarmojis erzählt. „Und über den Wolken im Easy-Jet-Magazin mit einer enormen Auflage“ wurde berichtet, sagt Zymryte Hoxhaj.

Bis 2000 Nutzer am Tag

Auch in Luxemburg, Großbritannien und Frankreich waren die Saarmojis eine Nachricht wert. Nicht weniger bemerkenswert für ein saarländisches Produkt: Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist 100prozent-web-1.jpg„Drei Tage waren wir  auf Platz eins in den Charts im App-Store“, erzählt Zymryte Hoxhaj. Während Kampagnen wie „Großes entsteht immer im Kleinen“ außerhalb des Saarlandes fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit liefen, gingen die Saarmojis um die Welt. 8000 mal wurden die Symbole sogar außerhalb Europas auf Handys und Computer geladen. „An starken Tagen zählen wir 2000 Nutzer“, sagt Zymryte Hoxhaj.

Damit ist es vermutlich bald vorbei. Die Instandhaltung der Saarmoji, also Updates auf neuere Geräte, und Veränderungen bei Android und Apple, der Internetauftritt und die Arbeiten im Hintergrund kosten jährlich rund 5000 Euro, rechnet Zymryte Hoxhaj vor. „Wir reden hier nur von der Erhaltung, nicht von neuen Motiven“, betont die Designerin. Dazu kommt die Zeit für die Beantwortung von Nachrichten der Nutzerinnen und Nutzer. Rund 5000 E-Mails sind allein in 2021 eingegangen.

Von der Landesregierung im Stich gelassen

Das Angebot ist für die Menschen, die mit ihren Nachrichten saarländische Geschichte, Esskultur und Sehenswürdigkeiten in die Welt schicken, kostenlos. Zum Start gab es dazu eine Förderung des Saarlandes. „Nun gibt es keine Unterstützung mehr, und ich kann das nicht bezahlen“, sagt Zymryte Hoxhaj. Fast ein Jahr lang wurde kein Update mehr hochgeladen, also die Programmierung nicht mehr an neue Technik angepasst. Dabei wird es auch bleiben, wenn kein Geld fließt. „Wenn sich da nix tut, muss man die App einstampfen“, kündigt Zymryte Hoxhaj an und fragt: „Ganz ehrlich, warum soll ich als Einzelperson eine der erfolgreichsten Kampagnen Saarlands bezahlen?“

Platz sechs beim Politik-Award

Es sei „frustrierend zu sehen, wie viel Geld für andere Kampagnen ausgegeben wird, die nachweislich nicht mal annähernd an den Erfolg der Saarmoji rankommen“, sagt die Designerin. Aus ihrer Sicht ist das „ein Witz ist, weil man nur einen Bruchteil des Geldes, das für Kampagnen ausgegeben wird, braucht, um die Saarmoji weiterhin zu pflegen“.

In der Tat: Während die Saarmojis auch knapp vier Jahre nach ihrer Erfindung noch täglich von vielen Menschen auf der ganzen Welt genutzt werden, kann sich an andere Saarland-Kampagnen im Land selbst kaum noch jemand erinnern, außerhalb des Saarlands schon gar nicht. Während andere saarländische Versuche, das Image aufzubessern, im günstigsten Fall wohlwollend zur Kenntnis genommen, oft aber auch jenseits der Landesgrenze müde belächelt oder laut ausgelacht worden sind, haben es die Saarmojis geschafft, 2018 für den Politik-Award in Berlin nominiert zu werden. „Wir haben es bei dem Award, bei dem die besten politischen und gesellschaftlichen Kampagnen des vergangenen Jahres ausgezeichnet werden, unter den vielen Einreichungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Endauswahl unter die Top sechs geschafft“, erinnert sich Zymryte Hoxhaj. Und: „Die Stuttgarter sind auch darauf aufmerksam geworden und haben gleich auch ihre eigenen Stumojis geordert. Das ist natürlich auch ein großes Lob.“

Warme Worte von der LandesregierungDieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist beruehmt-web-1.jpg

5000 Euro im Jahr für die Sicherung der Kampagne, vielleicht dieselbe Summe nochmal, um neue Motive zu entwickeln und die Kampagne, die für gute Saarland-Laune in der ganzen Republik sorgt, das dürfte in einem Land, dessen Regierung einige Millionen für Marketing und Eigenwerbung im Jahr ausgibt, doch fast schon aus der Portokasse zu bezahlen sein. Von wegen. Außer warmen Worten hat Zymryte Hoxhaj wenig zu erwarten von der Regierung des Landes, für das sie eine der sympathischsten Kampagnen überhaupt entwickelt hat. In den Kampagnen, die die Staatskanzlei und die Ministerien finanzieren, werden oft auch die Regierenden selbst in Szene gesetzt. So lächeln Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und seine Konkurrentin Anke Rehlinger (SPD) unter anderem in Kampagnen fürs Impfen, für einen Saarland-Dialog, für einen besseren öffentlichen Nahverkehr und für Tourismuskampagnen für viele hunderttausend Euro um die Wette.

Staatskanzlei verweist auf Kultus- und Wirtschaftsministerium

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist kaeae-luschd-Kopie.jpg „Die Staatskanzlei sieht in den Saarmojis ein tolles Symbol der Heimatverbundenheit, das auch dazu beiträgt, den positiven Markenkern des Saarlandes über die Landesgrenzen hinweg bekannt zu machen“, teilt deren Sprecherin Jasmin Glutting auf Anfrage mit. Aber leider, leider: Es handele „sich hierbei jedoch um ein Projekt, das von den Ministerien für Bildung und Kultur sowie Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr gefördert wird“. „Fragen zur finanziellen Förderung“ müssen also „an diese beiden Ressorts“ gerichtet werden, sagt Glutting. Die CDU-geführte Staatskanzlei von Ministerpräsident Tobias Hans, die eigentlich für die Saarland-Werbung zuständig ist, schiebt das Problem also zu zwei SPD-geführten Ministerien weiter.

Kultusministerium lobt, gibt aber kein Geld

Ja, „in der Vergangenheit“ haben sowohl das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr, als auch das Ministerium für Bildung und Kultur unter anderem die „Entwicklung themenspezifischer Saarmojis bei der Designerin Zymryte Hoxhaj beauftragt“, schreibt Lukas Münninghoff, der Sprecher von Kulturministerin Christine Streichert-Clivot. „Die Ergebnisse sehen wir als gelungenen Beitrag zur Stärkung der regionalen Identität. Im Jahr 2020 wurde eine Saarmoji-Plaktakampagne zur Information über Corona-Maßnahmen entwickelt“, schreibt er. Beide SPD-Ministerien seien „hier ebenfalls Partner“ gewesen. Seitdem habe es „verschiedentliche Gespräche, um weitere Einsatzmöglichkeiten der Saarmojis und gegebenenfalls projektbezogenen Beauftragungen zu sondieren, zuletzt im November 2021“, sagt Münninghoff. Daran sei das Ministerium „weiterhin interessiert“. Aber, leider: „Eine Förderung eines privatwirtschaftlichen Geschäftsmodells im Sinne einer institutionellen Förderung, wie es sie etwa für Kultureinrichtungen gibt, ist hingegen nicht möglich.“

Wirtschaftsministerium schützt „wettbewerbsrechtliche Probleme“ vor

Auch Julian Lange, der Sprecher von Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger verortet die guten Nachrichten in der Vergangenheit: „Wir haben als Wirtschaftsministerium 2017 die Designerin Zymryte Hoxhaj beauftragt, 30 bis 40 themenbezogene Saarmojis zu erstellen, welche den Aufgabengebieten des Hauses,Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist komm-geh-fort-Kopie.jpg insbesondere Wirtschaft und Tourismus, entsprechen“, teilt er mit. Diese Saarmojis werden seitdem den Nutzern der App kostenfrei zur Verfügung gestellt und weiterhin vielfach verwendet, erklärt er. Und: „Mit der Finanzierung der themenbezogenen Saarmojis hat das Wirtschaftsministerium mehrere Ziele verfolgt: konkret, niedrigschwellig für die saarländische Kultur- und Kreativwirtschaft und ihre Unternehmen zu werben und diese auch einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Außerdem sollten die Saarmojis eine moderne und digitale Verknüpfung der Themen möglich machen, die im Saarland besondere Präsenz haben, wie den Strukturwandel. Die Saarmojis sind ein schöner privater Beitrag zur saarländischen Kultur, das haben wir gerne unterstützt.“ Das Ministerium habe auch über die Motive in der App hinaus mit Zymryte Hoxhaj zusammengearbeitet, „etwa für Saarmoji-Anzeigen oder Give-Aways zum Beispiel für das Schüler-Ferien-Festival“, sagt Lange. Um dann wie sein Kollege aus dem Kulturministerium zu Protokoll zu geben: „Die dauerhafte finanzielle Unterstützung eines privatwirtschaftlichen Unternehmens wäre aus beihilfe- und wettbewerbsrechtlicher Sicht problematisch. Weitere Zusammenarbeit für Anzeigen, Motive oder auch ideelle Unterstützung durch den Einsatz der Saarmojis in der Kommunikation, ist aber natürlich nicht ausgeschlossen, im Gegenteil.“

Saarmojis passen wohl nicht in die offizielle Image-Kampagne

Das Wirtschafts- und das Kulturministerium haben „wirklich viel versucht“, bestätigt Zymryte Hoxhaj. Da sei sie immer auf offene Ohren gestoßen. Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist eichsinnganzworres-Kopie1.jpgDie Designerin ist ratlos. Das Problem scheint zu sein, dass die Saarmojis nicht Teil der offiziellen Saarland-Image-Werbung sind. Und für die ist die Staatskanzlei zuständig. Die sich wiederum für unzuständig erklärt, wenn es um die Saarmojis geht. Wird sich Zymryte Hoxhaj also weiter einfach an den Nachrichten von Exil-Saarländern aus aller Welt erfreuen müssen? „Da kommen Mails aus England, Miami und auch Tibet auf saarländisch platt an. Das ist so toll. Alle haben einen gemeinsamen Nenner: Sie vermissen ihre Heimat und fühlen sich mit den Saarmojis angesprochen und versenden sie an ihre Familie und Freunde“, freut sie sich. Aber davon kann sie die Kampagne nicht am Laufen halten, zumal auch größere Firmen nicht bereit sind, sich ihre Verbundenheit mit dem Saarland ein paar tausend Euro kosten zu lassen. Sie habe da einiges versucht. Wenn es aber um Geld gehe, habe sie offenbar nicht die richtigen Kontakte, sagt Zymryte Hoxhaj.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist graadselaeds-web.jpgDas bedeutet: Wenn sich nicht bald jemand findet, der außer Begeisterung und warmer Worte zumindest auch einen Teil der Finanzierung übernimmt, ist es zu Ende mit den Saarmojis. Dann bliebe den Fans der Saarmojis nur noch das ein oder andere Emoji. Ein kleines gelbes rundes Gesicht, dessen Mundwinkel nach unten gezogen sind, zum Beispiel. Vielleicht würde auch eine Träne aus einem der Punktaugen kullern. Das Saarland und seine Regierung hätten dann eine Chance vertan, die auch mit der nächsten, millionenschweren Kampagne nicht auszugleichen wäre.

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